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Ukrainische Offensive begonnen oder nicht?

Russland meldet Abwehr "großangelegter" ukrainischer Offensive in Donezk

Russland hat nach eigenen Angaben eine "großangelegte Offensive" der Ukraine im Donbass zurückgedrängt. "Am Morgen des 4. Juni hat der Feind eine großangelegte Offensive in fünf Bereichen der Front im Süden der Region Donezk gestartet", teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht zum Montag mit. Auch in der südlichen Region Saporischschja meldete ein russischer Beamter ukrainische Angriffe. Kiew bestätigte solche Offensiven zunächst nicht. 

Die ukrainischen Truppen hätten "den aus ihrer Sicht schwächsten Bereich der Front angegriffen", erklärte das russische Verteidigungsministerium. "Der Feind hat sein Ziel nicht erreicht, er hat es nicht geschafft", hieß es weiter. Im Messengerdienst Telegram veröffentlichte das Ministerium ein Video, das aus der Luft gefilmte ukrainische Panzerfahrzeuge unter starkem Beschuss zeigen soll.  

Den russischen Angaben zufolge führte die ukrainische Armee die Offensive mit sechs mechanisierten Bataillonen und zwei Panzerbataillonen aus. Donezk gehört - neben Luhansk, Cherson und Saporischschja - zu den vier Regionen, die Russland im September für annektiert erklärt hatte. 

Auch aus Saporischschja, wo das gleichnamige größte Atomkraftwerk Europas steht, wurde ein Angriff gemeldet. "Heute Morgen haben ukrainische Streitkräfte einen Angriff größeren Ausmaßes als gestern gestartet. Die Situation ist alarmierend", sagte der von Moskau eingesetzte Beamte Wladimir Rogow laut der russischen Nachrichtenagentur Tass.

Die ukrainischen Behörden erwähnten die von Moskau gemeldeten Ereignisse zunächst nicht. Die Ukraine hatte nach eigenen Angaben seit Monaten eine Gegenoffensive gegen die russischen Invasionstruppen vorbereitet. 

In einem am Samstag veröffentlichten Interview des "Wall Street Journal" sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass diese Vorbereitungen nun abgeschlossen seien. In einem am Sonntag veröffentlichten Video schien die ukrainische Armee die Soldaten aufzufordern, Stillschweigen zu bewahren. Sie erklärte, es werde keine Ankündigung über den Beginn der erwarteten Offensive geben. 

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow veröffentlichte im Onlinedienst Twitter eine Textzeile aus einem Lied der Band Depeche Mode, in der es übersetzt heißt: "Worte sind (...) unnötig, sie können nur Schaden anrichten".  

Laut dem Kreml-treuen Kriegsreporter Alexander Kots handelt es sich bei den jüngsten militärischen Entwicklungen allerdings nicht um einen Angriff großen Ausmaßes. Die Ukrainer "haben noch nicht ihre wichtigsten Streitkräfte in den Kampf geschickt. Und wenn es dazu kommt, könnte das in einem ganz anderen Bereich der Front stattfinden", betonte Kots. 

Der Kriegsberichterstatter bestätigte zudem, dass rund um Wuhledar im Süden der Region Donezk sowie weiter nördlich rund um Soledar und Bachmut Kämpfe stattgefunden hätten.

Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bestätigte während eines Aufenthalts in Neu Delhi vermehrte Kampfhandlungen in Bachmut und im Süden der Region Donezk. Weitere Angaben zu der "Operation" wolle er nicht machen, sondern die "Kommunikation" der Ukraine überlassen. 

Der seit mehr als 15 Monaten andauernde Konflikt war seit der vergangenen Woche mit verstärkten Angriffen auf beiden Seiten der Grenze erneut eskaliert. In der russischen Grenzregion Belgorod gab es nach Angaben des Gouverneurs am Sonntag Gefechte zwischen der russischen Armee und pro-ukrainischen russischen Kämpfern. 

Eine "Sabotagegruppe" sei in den Ort Nowaja Tawolschanka eingedrungen, dort werde gekämpft, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram mit. Die russische Armee erklärte, eine ukrainische "Terrorgruppe" am Vordringen nach Belgorod gehindert zu haben. 

Die Region Belgorod hatte nach Angaben der dortigen Behörden  tagelang unter Beschuss gelegen, mehrere Zivilisten wurden demnach dort getötet. Gladkow rief die Bewohner der Dörfer des Bezirks Schebekino am Sonntag zur Evakuierung auf. 

In Kiew waren für den Wochenbeginn Gespräche mit dem von Papst Franziskus zum Friedensbeauftragten ernannten Kardinal Matteo Zuppi geplant. Er reiste am am Montag zu einem zweitägigem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt ab. Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz soll nach Angaben des Vatikans helfen, "die Spannungen im Konflikt in der Ukraine abzubauen".

bur/kbh/dja


© Agence France-Presse