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Grundsatzrede von Scholz vor dem Europaparlament

Scholz: Europa lässt sich von Putins "Machtgehabe" nicht einschüchtern

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin militärisches "Machtgehabe" vorgeworfen. Putin lasse an diesem 9. Mai "seine Soldaten, Panzer und Raketen aufmarschieren", sagte Scholz am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg. "Lassen wir uns nicht einschüchtern von solchem Machtgehabe! Bleiben wir standhaft in unserer Unterstützung der Ukraine", mahnte Scholz.

Die friedliche Geschichte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg stehe "im klaren Kontrast zu dem Säbelrasseln in Moskau", hatte Scholz zuvor bei einer Pressekonferenz in Straßburg betont. Er spielte damit auf die Moskauer Militärparade zum Gedenken an den Sieg über Nazi-Deutschland 1945 an. Putin hatte dem Westen dabei vorgeworfen, einen "Krieg" gegen Russland zu führen.

In seiner Grundsatzrede warb Scholz für eine "geopolitische Europäische Union", die es mit Russland, aber auch China aufnehme. Die USA blieben dabei "Europas wichtigster Verbündeter", betonte der Bundeskanzler unter Anspielung auf Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. In Bezug auf Peking kritisierte Scholz, "Rivalität und Wettbewerb" hätten "seitens Chinas ohne jeden Zweifel zugenommen". 

Scholz bekräftigte zudem Forderungen seiner ersten europapolitischen Rede an der Prager Karls-Universität im vergangenen August. So benötige die EU "mehr Ratsentscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in der Außenpolitik und bei Steuern", um Blockaden unter den Mitgliedsländern durch das Prinzip der Einstimmigkeit zu verhindern. Solche Reformen seien unabdingbar für ein "großes Europa" mit möglichen Neumitgliedern wie der Ukraine oder den Westbalkanländern, unterstrich Scholz.

In der anschließenden Debatte im Europaparlament wurde teils scharfe Kritik am Bundeskanzler laut: "Wir brauchen keine weiteren Grundsatzreden mehr", sagte der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), der CSU-Politiker Manfred Weber. "Europa braucht Führung."

Aber auch die Grünen als "Ampel"-Koalitionspartner stellten Scholz ein schlechtes Zeugnis aus: "Der Bundeskanzler hat eine Chance vertan", kritisierte der Sprecher der Grünen-Europagruppe, Rasmus Andresen. "Wir brauchen einen Bundeskanzler, der leidenschaftlich für unsere europäische Demokratie kämpft und bereit ist, über seinen Schatten zu springen", unterstrich Andresen.

Der deutsche Linken-Parteichef Martin Schirdewan, der Ko-Vorsitzender der Linksfraktion im Europaparlament ist, warf Scholz einen "Irrweg" hin zu "Aufrüstung und Militarisierung" vor. "Wir brauchen eine Zeitenwende für soziale Gerechtigkeit", forderte er in Straßburg.

lob/cp


© Agence France-Presse