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Erster Ansturm auf Deutschland-Ticket

Die Branche erwartet bis zu sechs Millionen neue Abonnenten durchs Deutschland-Ticket

Wenige Tage vor dem Start sind rund 750.000 Deutschlandtickets verkauft worden - die Branche rechnet aber mit bis zu sechs Millionen neuen Abonnentinnen und Abonnenten in den kommenden Wochen. Dazu dürften weitere elf Millionen Menschen kommen, die von ihrem aktuellen Abo in ein günstigeres Deutschlandticket wechseln werden. Das 49-Euro-Ticket dürfte aber bald keines mehr sein: "Ich gehe davon aus, dass wir den Preis erhöhen müssen", sagte am Dienstag der Präsident des Branchenverbands VDV, Ingo Wortmann.

Das bundesweit im Regional- und Nahverkehr gültige Ticket startet am 1. Mai. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lobte das Ticket erneut: Das Fahren mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) werde so einfach wie nie zuvor. "Wir machen Schluss mit kompliziert und anstrengend, Schluss mit Rätselraten vor einem Ticketautomaten, Schluss mit Fragen nach Waben, Stufen und Kreisen." Das Deutschlandticket sei "ein echter Fortschritt für unser Land". Es habe "das Zeug zum echten Gamechanger".

Die Bundesregierung betont dabei stets, dass das Angebot von 49 Euro pro Monat lediglich ein "Einführungspreis" sei. Auch deshalb ist in der offiziellen Kommunikation stets die Rede vom Deutschlandticket, nicht vom 49-Euro-Ticket. Der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nannte am Dienstag Gründe für eine aus seiner Sicht absehbare Verteuerung: "Inflationsbedingt, Personale werden teurer, Material wird teurer."

Die Bundesländer, welche die Kosten für das Ticket zur Hälfte tragen, hatten im Gesetzgebungsverfahren darauf gedrungen, den Preis künftig maßgeblich in Abhängigkeit von der Nachfrage zu gestalten: Sollten weniger Menschen als geplant sich für das Ticket entscheiden, sollten die Einnahmelücken über Preiserhöhungen ausgeglichen werden. 

Wissing wollte sich am Dienstag dazu nicht äußern. Es gebe keinen "schlagartigen" Ansturm auf das Deutschlandticket, "sondern das wird ein kontinuierlicher Anstieg sein", sagte er. "Und deswegen müssen wir noch etwas Geduld haben, um solche Fragen beantworten zu können." 

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz im Berliner Hauptbahnhof betonte Evelyn Palla, Chefin des Regionalverkehrs bei der Deutschen Bahn, die Vorteile des Deutschlandtickets als Job-Ticket: "Mit dem Arbeitgeber-Zuschuss zahlen Abonnentinnen und Abonnenten nur 34,30 Euro für die bundesweite ÖPNV-Flatrate." Damit sei das Deutschlandticket ein "echter Booster" für die Verkehrswende. 

VDV-Vizepräsident Knut Ringat sagte, Job-Tickets gehörten bereits zu den meistverkauften ÖPNV-Abos. Bundesweit seien mehrere Millionen Menschen damit mobil. "Das künftig doppelt oder dreifach so viele Menschen mit einem Job-Ticket unterwegs sind, ist durchaus denkbar."

Verbandspräsident Wortmann warb um Geduld, was einheitliche Regelungen etwa zur Mitnahme betrifft. "Jetzt wird im Markt getestet, was so alles geht und was Sinn macht", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Und das werden wir sehr genau evaluieren müssen. Ich denke aber, dass wir nach ein, zwei Jahren Evaluation dann auch wirklich entscheiden müssen, was behalten wir bei und was nicht."

Die Politik nahm Wortmann mit Blick auf künftige Preiserhöhungen in die Pflicht: Es liege an der öffentlichen Hand, dafür zu sorgen, dass die absehbare Preiserhöhung "nicht allzu stark ausfällt, um die Kundinnen und Kunden nicht von Anfang an zu überfordern". 

Bundestag und Bundesrat hatten im März das Gesetz zur Einführung des Tickets beschlossen. Darin geht es in erster Linie um die Finanzierung: Der Bund beteiligt sich in den Jahren 2023 bis 2025 mit jeweils 1,5 Milliarden Euro zur Hälfte. Die sogenannten Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern für den öffentlichen Nahverkehr zahlt, werden entsprechend erhöht. 

Im laufenden Jahr übernimmt der Bund außerdem die Hälfte der Kosten, die durch die Einführung des Tickets entstehen. Die Finanzierung des Deutschlandtickets über 2025 hinaus soll später gesetzlich geregelt werden.

Kritiker monieren, niedrigere Tarife könnten das unzureichende Angebot nicht ersetzen. Die Länder fordern bereits mehr Geld vom Bund. Sie argumentieren, aufgrund der Klimaschutzziele im Bereich Verkehr sei ein Ausbau des Nahverkehrsangebots zwingend.

ilo/pe

AFP