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Misstrauensantrag gegen Macron

Französische Opposition stellt im Rentenstreit zwei Misstrauensanträge

Im Streit um die französische Rentenreform hat die Opposition zwei Misstrauensanträge eingereicht. "Die Abstimmung über diesen Antrag bedeutet den Ausweg aus der Krise", sagte der Chef der liberalen Fraktion Liot, Bertrand Pancher, am Freitag in Paris. Die rechtspopulistische Fraktion RN reichte ebenfalls einen Misstrauensantrag ein. Unterdessen weiteten sich die wütenden Proteste gegen die Rentenreform und das Vorgehen der Regierung weiter aus.

Die Regierung hatte am Donnerstag einen Verfassungsartikel geltend gemacht, der die Verabschiedung der Reform ohne Abstimmung ermöglicht, wenn die Regierung anschließend eingebrachte Misstrauensanträge übersteht. Die Nationalversammlung wird voraussichtlich am kommenden Montag über die Anträge abstimmen. 

Falls eine absolute Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmt, ist die Rentenreform abgelehnt und die Regierung muss zurücktreten. Dann könnte Präsident Emmanuel Macron (Wikipedia) einen neuen Premierminister ernennen oder Neuwahlen ausrufen. Eine Mehrheit für die Misstrauensanträge gilt als unwahrscheinlich, da die konservativen Republikaner voraussichtlich die Regierung unterstützen werden. Sollte keine absolute Mehrheit für einen Misstrauensantrag zustande kommen, ist die Rentenreform endgültig verabschiedet. 

Das Vorgehen der Regierung hat die seit Wochen anhaltenden Proteste in Frankreich erneut angefacht. Am Freitagmorgen blockierten Demonstranten vorübergehend die Pariser Stadtautobahn sowie Bahnhöfe in Toulouse und Bordeaux. Die Gewerkschaft CGT kündigte zudem die Stilllegung einer Raffinerie in der Normandie am Wochenende an. Bisher waren die Raffinerien zwar teilweise blockiert, hatten aber weiter produziert. 

Die Zahl der Festnahmen nach Ausschreitungen in mehren Städten am Vorabend stieg unterdessen auf 310. Am Donnerstagabend hatte die Polizei in Paris eine Demonstration mit Wasserwerfern und Tränengas aufgelöst. Auch in anderen Städten war es zu Demonstrationen und teilweise auch zu Ausschreitungen gekommen. 

In Paris führt zudem der Streik der Müllabfuhr zu wachsenden Müllhaufen und Gestank in der Stadt. Bis Freitagmittag wuchsen die Haufen von nicht abgeholtem Müll nach Angaben der Stadtverwaltung auf 10.000 Tonnen. Die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die die Proteste unterstützt, weigert sich weiterhin, Mitarbeiter der Müllabfuhr zum Dienst zu verpflichten. Innenminister Gérald Darmanin hatte sie vergeblich dazu aufgerufen.

Unterdessen bemühten sich Regierungsmitglieder in Interviews um Schadensbegrenzung. Die Anwendung des Verfassungsartikels bedeute "kein Scheitern", betonte Arbeitsminister Olivier Dussopt: "Es gibt einen Gesetzentwurf, und wenn die Misstrauensanträge abgelehnt werden, dann wird er auch in Kraft treten."

Regierungssprecher Olivier Véran zeigte sich zuversichtlich, dass es nicht zum Sturz der Regierung kommen werde. "Wir sind dazu aufgerufen, weiter zu regieren", betonte er.

In Regierungskreisen wird damit gerechnet, dass die Misstrauensanträge abgelehnt werden und die Proteste bis zu den Osterferien allmählich nachlassen. Es werde aber auch nicht ausgeschlossen, dass die Protestbewegung sich radikalisiere und länger anhalte, hieß es. 

Die Rentenreform sieht vor, das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen. Zudem soll die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben und die Beschäftigung von Senioren gefördert werden.

kol/gt

Ulrike KOLTERMANN / © Agence France-Presse