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Feministische Solidarität als Grundstein für Veränderung

“Wir wollen ein Leben, das es wert ist, gelebt zu werden, wir wollen uns lebend, nicht einfach nur überlebend. Wir kämpfen für ein Leben, das wir nicht in Angst verbringen müssen. Wir kämpfen für ein Leben, von dem wir sagen können, dass es ein gutes ist, und zwar für alle.”

Diese Worte erklingen laut und entschlossen aus den Lautsprechern des Demonstrationswagens des Flinta*-Bündnisses für feministischen Streik in Münster. Das Bündnis hat am 8. März, anlässlich des internationalen feministischen Kampftages, zu einer Demonstration in Münster aufgerufen. Um 16 Uhr startete die feministische Veranstaltung unter dem Motto “Feministisch kämpfen weltweit. Die Krisen stecken im System!” mit einer Kundgebung mit verschiedenen Redebeiträgen in der Münsteraner Innenstadt vor der Lambertikirche. Im Anschluss hat sich der Demonstrationszug lautstark mit Sprechchören, wie “One solution - revolution” oder “Ehe, Küche, Vaterland - unsere Antwort Widerstand” in Richtung Paul-Gerhardt-Haus in Bewegung gesetzt. Im Anschluss an die Demonstration gegen 18 Uhr, fanden dort Workshops zu feministischen Themen für FLINTA* statt.


Der internationale Frauentag wird zunehmend auch feministischer Kampftag genannt, um nicht nur Frauen zu inkludieren, sondern alle FLINTA*. Das Akronym FLINTA* steht dabei für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen und schließt somit alle Menschen mit ein, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden. 

Die Anfänge des feministischen Kampftages lassen sich in den 1900er Jahren verorten, als sich Frauen auf der ganzen Welt begannen, aktiv für Veränderungen und gegen Unterdrückung und Ungleichheit einzusetzen. Im Jahr 1908 gab es eine historische Demonstration in New York, bei der über 15.000 Frauen für bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und das Wahlrecht für Frauen auf die Straße gingen. Die Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin schlug zwei Jahre später vor, einen Frauentag einzuführen und ihn zu einem weltweiten Ereignis zu machen. So wurde der Tag von der sozialistischen Bewegung und einigen kommunistischen Ländern übernommen und im Jahr 1967 von der feministischen Bewegung eingeführt. Im Jahr 1977 erkannten die Vereinten Nationen den Tag offiziell an.


Auch heute hat der feministische Kampftag noch immense Relevanz in Anbetracht der steigenden Gewalt gegen Frauen und Queers auf der ganzen Welt. Die Redner*innen des feministischen Streiks lenken die Aufmerksamkeit innerhalb der Kundgebung auf verschiedene Frauenbewegungen weitweit und sprechen zum Beispiel die revolutionäre kurdische Bewegung im Iran und die Proteste gegen Femizide in Südamerika an. Auch weisen sie auf die steigende Gewalt und Misogynie in Deutschland hin und sprechen davon, dass jeden dritten Tag in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Expartner ermordet wird und jede dritte weiblich gelesene Person in ihrem Leben sexuelle Gewalt erfährt. In diesem Zusammenhang thematisieren die Redner*innen den grausamen Femizid, der vor vier Monaten an einer 21-jährigen in Warendorf verübt wurde, und den Tod von Malte C., der am Christopher Street Day im vergangenen Jahr Opfer eines brutalen transfreindlichen Angriffs in Münster wurde.


Daher wird die Wichtigkeit betont, sich heutzutage zusammenzuschließen und sich gegen die Gewalt an Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen zu stellen. Es wird dazu aufgerufen, von der feministischen Bewegung zu lernen und Frauen und Queers zuzuhören, wenn sie von ihren eigenen Erfahrungen der Unterdrückung sprechen. Die Streikenden bekräftigen insbesondere, dass es ihnen bei der geforderten Freiheit und Selbstbestimmung nicht um ein liberales, kapitalistisches Verständnis von Freiheit geht, also nicht um die Freiheit, wählen zu können, was sie sich kaufen, wie sie sich kleiden und wo sie arbeiten. Vielmehr geht es ihnen um die Umsetzung der grundlegenden Verhältnisse der Gesellschaft, um die Freiheit über die Kontrolle über ihre Körper, um die Freiheit von Objektifizierung und Unterwerfung, um die Freiheit von kapitalistischen Zwängen, um die Freiheit von gesellschaftlichen Hierarchien und um die Freiheit sich als wirkliche Objekte begegnen zu können. 

Für die Demonstrierenden bedeutet das konkret, hier und jetzt das kapitalistische Patriarchat anzugreifen und gemeinsam an einer solidarischen Gemeinschaft mitzuwirken, da nur feministische Solidarität den Grundstein für eine Veränderung der patriarchalen Verhältnisse legen kann. 


Text und Bild: Patricia Brüggemeier