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HRW: Russland beging Kriegsverbrechen

Human Rights Watch: Angriff auf Bahnhof von Kramatorsk in der Ukraine war Kriegsverbrechen

Der Raketenangriff auf den überfüllten Bahnhof von Kramatorsk im April vergangenen Jahres in der Ukraine ist nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW-Webpräsenz) von russischen Truppen verübt worden und muss als "Kriegsverbrechen" eingestuft werden. "Dieser Angriff stellt eine Verletzung des Kriegsrechts und ein mutmaßliches Kriegsverbrechen dar", erklärte HRW in einer am Dienstag veröffentlichten Untersuchung, die zusammen mit der Recherchegruppe SITU erfolgte. 

Als vermutlichen Abschussort der Rakete machte HRW den Ort Kunie in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine aus, die damals unter russischer Kontrolle war. Bei dem Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk, in dem hunderte Flüchtlinge wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf Züge warteten, kam demnach Streumunition zum Einsatz. Durch die Freisetzung der vielen Munitionsteile seien mindestens 58 Zivilisten getötet und mehr als hundert weitere verletzt worden. Die Stadtverwaltung von Kramatorsk spricht von 61 Toten und mehr als 160 Verletzten.

"Russlands Einsatz einer dezidiert wahllos wirkenden Waffe in einem bekanntermaßen wichtigen Evakuierungszentrum sollte untersucht und die Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen werden", forderte HRW.

Die ballistische Rakete vom Typ Totschka-U explodierte laut HRW um 10.28 Uhr am 8. April vergangenen Jahres hoch über dem Bahnhof und setzte Dutzende von Munitionsteilen frei. Diese schlugen auf dem Boden ein, detonierten und töteten und verletzten zahlreiche Menschen, die auf dem Bahnhof warteten, darunter auch Kinder und ältere Menschen. Insgesamt gingen demnach etwa 15.800 tödliche Metallsplitter im Bahnhof und der Umgebung nieder.

"Der rechtswidrige und abscheuliche Angriff Russlands auf den Bahnhof von Kramatorsk hat Zivilpersonen, die verzweifelt versuchten, vor den Kämpfen zu fliehen, getötet und verwundet", erklärte Richard Weir von HRW. "Die verheerenden Auswirkungen von Streumunition auf Menschenmassen sollten ein klares Signal an die russischen Streitkräfte sein, diese verbotenen Waffen nicht mehr einzusetzen."

Sowohl Russland als auch die Ukraine verfügen laut HRW über ballistische Raketen vom Typ Totschka-U, die mit einem Streumunitionssprengkopf ausgestattet sind. Russland bestreitet, für den Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk verantwortlich zu sein. Die Untersuchung von HRW ergab aber, dass russische Truppen in der Gegend um den Ort Kunie zum Zeitpunkt des Angriffs über Totschtka-U-Raketen verfügten und damals Angriffe aus der Gegend starteten.

Streumunition ist international geächtet. Sie setzt in der Luft dutzende kleinere Sprengsätze frei, die sich über ein Gebiet von hunderten Quadratmetern verteilen und wahllos Menschen töten oder verletzen. Am vergangenen Wochenende hatte die Forderung der ukrainischen Seite nach Lieferung von Streumunition aus dem Westen für Empörung gesorgt.

HRW war nach eigenen Angaben vom 14. bis 24. Mai 2022 in der Stadt Kramatorsk in der Region Donezk, um den Angriff auf den Bahnhof und seine Folgen zu dokumentieren. Die HRW-Mitarbeiter befragten Zeugen und werteten Fotos und Videos aus. Nach der Rückeroberung durch die ukrainische Armee besuchte HRW auch den Ort Kunie.

cp/ju

© Agence France-Presse