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Richter lässt 464 Bolsonaro-Anhänger frei

Sie müssen jedoch elektronische Fußfesseln tragen und dürfen nicht in Onlinenetzwerken aktiv sein.

Ein Richter in Brasilien hat die Freilassung von 464 Menschen angeordnet, die der Beteiligung an der Erstürmung des Parlaments und anderer staatlicher Institutionen vor knapp zwei Wochen verdächtigt werden. In den Fällen von 942 anderen nach den Unruhen festgenommenen Verdächtigen verfügte Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Gericht laut einer Mitteilung vom Freitag, dass sie in Haft bleiben müssen. 

Am 8. Januar waren Anhänger des rechtsradikalen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro in der Hauptstadt Brasília in das Kongressgebäude, den Präsidentenpalast und den Sitz des Obersten Gerichts eingedrungen und hatten dort schwere Verwüstungen angerichtet. Hierbei entlud sich ihr Zorn über den Wahlsieg des Linkspolitikers Luiz Inácio Lula da Silva, der sich in einer Stichwahl knapp gegen Bolsonaro durchgesetzt hatte.

Nach den Unruhen wurden mehr als 2000 Menschen festgenommen. Mehr als 600 von ihnen wurden jedoch bereits am 10. Januar wieder auf freien Fuß gesetzt, nach Angaben der Polizei "aus humanitären Gründen". Bei ihnen handelte es sich demnach um ältere oder kranke Menschen oder Mütter mit kleinen Kindern.

Bei den weiteren 464 Festgenommenen, deren Freilassung jetzt angeordnet wurde, gebe es zwar starke Indizien dafür, dass sie Straftaten begangen hätten, darunter den Versuch des Sturzes einer verfassungsmäßigen Regierung, erklärte Richter Moraes. Doch seien in diese Fällen noch nicht alle Beweismaterialien zusammengetragen worden. 

Moraes erlaubte die Freilassung dieser Verdächtigen jedoch nur unter Auflagen. So müssen sie etwa elektronische Fußfesseln tragen oder dürfen nicht in den Onlinenetzwerken aktiv sein. 

Für die übrigen 942 Festgenommenen ordnete der Richter unbefristete Untersuchungshaft an. In ihren Fällen gebe es Beweise, dass sie des "Terrorismus", der Bildung einer kriminellen Vereinigung, des Versuchs der gewaltsamen Abschaffung des Rechtsstaats sowie eines Umsturzversuchs schuldig seien. 

Der seit 1. Januar amtierende Präsident Lula hat die Vermutung geäußert, dass sein Vorgänger Bolsonaro von den Plänen für den Angriff auf die Verfassungsinstitutionen gewusst habe und "damit viel zu tun hatte". Der Ex-Präsident, der sich derzeit in den USA aufhält, habe womöglich gehofft, nach einem Staatsstreich nach Brasilien zurückzukehren, sagte Lula. 

Bolsonaro hat über seine Anwälte dementieren lassen, dass er Verbindungen zu den Verantwortlichen für die Erstürmung der staatlichen Institutionen gehabt habe. 

dja


© Agence France-Presse