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CO2-Entnahme notwendig für Klimaziele

Die Erderwärmung kann nur auf ein erträgliches Maß begrenzt werden, wenn deutlich mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre geholt wird.

Zu diesem Schluss kommen die Autoren des ersten Berichts zum weltweiten Stand der CO2-Entnahme, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Forscher empfehlen darin einen Mix verschiedenster Möglichkeiten – von der Aufforstung bis zu technischen Filteranlagen.

Da es bisher nicht gelungen ist, den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich zu reduzieren, müssten nun die Möglichkeiten der Kohlendioxidentnahme (Carbon Dioxide Removal, abgekürzt CDR) massiv ausgebaut werden, heißt es in dem Bericht der Universität Oxford, an dem mehr als zwei Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt waren. 

Bisher spielt CDR nur eine marginale Rolle; jährlich werden nur zwei Milliarden Tonnen CO2 abgeschieden – bei einem Ausstoß von fast 40 Milliarden Tonnen. CDR wird derzeit hauptsächlich durch konventionelle Methoden wie den Ausbau CO2-absorbierender Wälder oder Feuchtgebiete praktiziert. Nur ein winziger Teil – etwa 0,1 Prozent – wird laut dem Bericht durch neue Technologien gebunden, wie zum Beispiel die direkte Abscheidung aus der Luft oder die Umwandlung von organischen Abfällen in Biokohle.

Die Erderwärmung muss dem Weltklimarat zufolge auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden, um katastrophale Folgen zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen bis Ende des Jahrzehnts um etwa 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 sinken und bis Mitte des Jahrhunderts auf Null reduziert werden.

2022 verharrte der Ausstoß jedoch auf sehr hohem Niveau, was CDR-Technologien noch wichtiger macht. Sie könnten aber nur ein Teil der Lösung sein, erklären die Forscher. "Unabhängig davon, ob wir ein wenig oder viel Kohlendioxid entfernen, müssen wir die Treibhausgasemissionen massiv reduzieren", sagte Gregory Nemet, Professor an der Universität von Wisconsin-Madison und einer der Autoren der Bestandsaufnahme, der Nachrichtenagentur AFP.

Dem Bericht zufolge müssen bis Ende des Jahrhunderts zwischen 450 Milliarden und 1,1 Billionen Tonnen CO2 durch CDR entfernt werden. Konventionelle Projekte wie Aufforstung müssen demnach bis 2050 verdoppelt werden, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen.

"Viele politische Entscheidungsträger wissen nicht und wollen wahrscheinlich auch nicht wissen, wie sehr die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels tatsächlich von der Kohlendioxid-Entnahme abhängt", sagte Mitautor Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik AFP.

Einer neuartigen CDR-Technologie wurde bisher mehr Aufmerksamkeit und Geld zuteil als anderen: der direkten Abscheidung von Kohlendioxid aus der Luft in Kombination mit der Speicherung von Kohlenstoff (DACCS). Drei Viertel der 200 Millionen Dollar (185 Millionen Euro), die von 2020 bis 2022 in neue CDR-Kapazitäten investiert wurden, flossen in DACCS, ein großer Teil davon an das Schweizer Unternehmen Climeworks.

Das Unternehmen kündigte vergangene Woche die weltweit erste zertifizierte CO2-Abscheidung und -Speicherung im Auftrag zahlender Kunden an, darunter Microsoft und der Software-Dienstleister Stripe. "Diese Investitionen basieren auf der Annahme, dass die direkte Abscheidung aus der Luft von heute etwa 10.000 Tonnen bis 2050 auf eine Milliarde Tonnen ansteigen kann", sagte Nemet.

Derzeit wird an vielen Methoden der Kohlendioxidabscheidung geforscht. Wissenschaftler experimentieren beispielsweise mit Möglichkeiten, die Fähigkeit der Ozeane und von Böden zu erhöhen, Kohlendioxid zu binden. Die Autoren des Berichts plädieren dafür, sich nicht nur auf eine Technik zu konzentrieren, sondern auf ein Portfolio von Lösungen zu  setzen.

sp/ans


Julien MIVIELLE und Marlowe HOOD / © Agence France-Presse