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Endlich Speaker

Der Republikaner Kevin McCarthy hatte gehofft, locker auf einer "roten Welle" ins Amt des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses getragen zu werden.

Doch die Wahl des 57-Jährigen verwandelte sich in den vergangenen Tagen in einen Alptraum: Erst nach 15 Anläufen stimmten auch Abtrünnige aus den eigenen Reihen für ihn. 

Nach seiner Wahl in der Nacht zu Samstag hat McCarthy sein Ziel zwar endlich erreicht, doch die chaotischen Vorgänge im Kongress dürften seine Position erheblich geschwächt haben.

Eine ganze Reihe von Vertretern des Rechtsaußen-Flügels der Partei von Ex-Präsident Donald Trump verweigerte McCarthy vier Tage lang in 14 Wahlgängen den Rückhalt, weil er ihnen als zu gemäßigt gilt. Am Freitag konnte er die Ultrarechten durch umfangreiche Zugeständnisse schließlich doch noch umstimmen - nicht zuletzt dank seinem unerschütterlichen Ehrgeiz, seinem Verhandlungsgeschick und seiner Erfolgsbilanz bei der Durchsetzung republikanischer Forderungen.

McCarthy gilt als Teamplayer und begnadeter Netzwerker. Seinen Aufstieg verdankt der bisherige Minderheitsführer der Republikaner auch seiner Bereitschaft, die zerrüttete Partei auf Kurs zu halten und sich auf den Widerstand gegen die Agenda der Demokraten zu konzentrieren. 

Dennoch dürfte die umkämpfte Wahl des dritthöchsten Repräsentanten in der staatlichen US-Hierarchie die interne Spaltung der Republikaner in einen gemäßigten und einen Rechtsaußen-Flügel nun weiter vertieft haben. Das könnte sich auch auf die Abstimmung über Gesetzesvorhaben auswirken: Es bleibt abzuwarten, ob der als geduldig und pragmatisch geltende McCarthy die Hardliner auch künftig überzeugen kann.

Der 1965 im kalifornischen Bakersfield geborene Sohn eines Feuerwehrmanns und Enkel eines Viehzüchters engagiert sich seit seiner Jugend für die Republikaner. Nach mehreren Jahren im kalifornischen Parlament zog er 2007 als Abgeordneter ins US-Repräsentantenhaus in Washington ein. Dort ging seine Karriere rasch bergauf: 2014 wurde er Fraktionschef der Republikaner.

Als deren Minderheitsführer kann McCarthy bisher auf die Unterstützung des in der Partei nach wie vor höchst einflussreichen Trump bauen. Gewonnen hat er diese dank eines Kuschelkurses gegenüber dem Rechtspopulisten: Nur rund eine Woche, nachdem Trump nach der Kapitol-Erstürmung vom Januar 2021 in Schimpf und Schande aus dem Weißen Haus ausgezogen war, hatte McCarthy als erster ranghoher Republikaner den Ex-Präsidenten in dessen Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida besucht.

Er half Trump damit, seine Macht über die Partei schrittweise wieder zu sichern - und machte zugleich seine Loyalität zu dem Volkstribun deutlich.

Kurz nach der Kapitol-Erstürmung hatte McCarthy noch öffentlich gesagt, Trump trage "Verantwortung" für den Angriff auf den Kongress. Dann aber vollzog er - wie viele Republikaner - eine Kehrtwende, basierend auf der Erkenntnis, dass Trump das Idol der rechten Wählerbasis bleiben würde.

Abgeordnete des rechten Parteiflügels machen ihm nun trotz Trumps Segen das Leben schwer, sie wollen ihn auf einen radikalen Kurs gegen die Regierung von Präsident Joe Biden einschwören und sich selbst mehr Einfluss sichern. Für Aufsehen und Sorgenfalten sorgte McCarthy im Oktober, als er warnte, künftig werde es keinen "Blankoscheck" mehr für die Ukraine geben. 

McCarthys offenbar fehlendes ideologisches Fundament und seine Skepsis gegenüber den Partei-Hardlinern haben ihn zu einer Zielscheibe der republikanischen Rechten gemacht. Der republikanische Abgeordnete und glühende Trump-Anhänger Matt Gaetz, der McCarthy bis zum Schluss die Unterstützung verweigerte, bezeichnete ihn als jemanden, der sich "seit mehr als einem Jahrzehnt selbst verkauft".

fs/kas/ma