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Neuer Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses

Der republikanische Kandidat Kevin McCarthy ist nach einem historischen viertägigen Abstimmungsmarathon ...

... und einer bis zuletzt hart geführten innerparteilichen Auseinandersetzung als neuer Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses vereidigt worden. Bei seiner Dankesrede in der Nacht zu Samstag versprach McCarthy, er werde "Gesetze verabschieden, um die Herausforderungen des Landes zu bewältigen". US-Präsident Joe Biden mahnte im Anschluss an die Abstimmung, es sei nun an der Zeit, "verantwortungsvoll zu regieren".

McCarthy nannte die "weit geöffnete Grenze im Süden", die von ihm mit "Amerika zuletzt" bezeichnete Energiepolitik der Regierung sowie die "Woke-Indoktrinierung an unseren Schulen" als primäre Herausforderungen. Der Begriff "woke" beschreibt das "wach sein" gegenüber rassistischen und diskriminierenden Tendenzen in einer Gesellschaft.

Bei den "langfristigen Herausforderungen" wie der Staatsverschuldung und "dem Aufstieg der Kommunistischen Partei Chinas" müsse der Kongress "mit einer Stimme" sprechen, forderte der 57-jährige Politiker aus dem US-Bundesstaat Kalifornien.

Das Amt des Speakers ist nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin das dritthöchste in der staatlichen Hierarchie der Vereinigten Staaten. McCarthy folgt auf dem Posten auf die Demokratin Nancy Pelosi. 

Bei den Zwischenwahlen im November, den sogenannten Midterms, hatten die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus gewonnen. In den ersten elf Wahlrunden zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses hatten stets 20 ultrarechte Abgeordnete der Republikaner gegen McCarthy gestimmt, die diesen für zu moderat halten und seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel ziehen. 

McCarthy hatte am Freitag nach umfangreichen Zugeständnissen an die Abtrünnigen zwar Fortschritte erzielt, verpasste in der 12., 13. und 14. Wahlrunde jedoch erneut die Mehrheit. In der 14. Wahlrunde fehlte ihm nur eine Stimme zur Wahl. 

Der republikanische Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida hatte bei der Abstimmung kurz vor Mitternacht mit "anwesend" gestimmt und McCarthy somit den Sieg verweigert. Im Anschluss kam es zu turbulenten Szenen im Plenarsaal: McCarthy ging zu Gaetz und konfrontierte ihn. 

Während des Wortgefechts zeigte Gaetz mit dem Finger auf McCarthy, der sich schließlich zum Gehen abwandte. Der Abgeordnete Mike Rogers aus Alabama musste zurückgehalten werden, als er sich auf seinen republikanischen Kollegen aus Florida zu stürzen drohte.

Mit der schließlich doch erfolgten Wahl McCarthys kann die parlamentarische Arbeit in der neu konstituierten Kongresskammer nun beginnen. Das letzte Mal, dass ein Verfahren für die Wahl des Vorsitzenden länger dauerte als das aktuelle, war im Jahr 1856.

Es wird erwartet, dass die Republikaner Präsident Biden das Regieren erheblich erschweren, denn sie können alle Reformvorhaben blockieren. Zudem können sie auch zahlreiche parlamentarische Untersuchungen gegen Biden und dessen Regierung einleiten.

Biden erklärte nach McCarthys Wahl, er sei "bereit, mit Republikanern zusammenzuarbeiten, wenn ich es kann". Die Wähler hätten jedoch "klargestellt", dass sie "von den Republikanern erwarten, dass sie genauso bereit sein müssen, mit mir zusammenzuarbeiten", betonte der US-Präsident. Es sei an der Zeit, "sicherzustellen, dass wir die Interessen amerikanischer Familien vorne anstellen", fügte er hinzu.

Demokraten und einige von McCarthys Anhängern befürchten jedoch, dass er seinen ultrarechten Kritikern radikale politische Zusagen gemacht hat, die das Repräsentantenhaus unregierbar machen werden. 

Unbestätigten Berichten zufolge soll McCarthy zugestimmt haben, die Staatsausgaben auf dem Niveau von 2022 halten zu wollen, was eine Deckelung der Militärausgaben zufolge hätte, die einer Kürzung von 75 Milliarden Dollar (70 Milliarden Euro) gleichkäme. Verteidigungspolitische Hardliner fürchten eine daraus resultierende Schwächung der Position Washingtons gegenüber Russland und China. 

Weitere Abgeordnete beschwerten sich darüber, dass McCarthy den Abtrünnigen prestigeträchtige und einflussreiche Ausschussposten versprochen habe. Zudem heißt es, zum Tausch für ihre Stimmen sollen die Regeln so geändert werden, dass der Vorsitzende weniger Befugnisse hat und leichter abgewählt werden kann. 

Die Demokraten prophezeiten, McCarthys Kompromisse würden ihn zum kraftlosesten Speaker der jüngeren Geschichte machen. 

ma/lan


Frankie TAGGART / © Agence France-Presse