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Bleibt zu Hause sonst sorgen wir dafür

Freiburg verhängt Ausgangssperre im Kampf gegen Coronavirus

Als erste Großstadt in Deutschland hat Freiburg im Kampf gegen das Coronavirus eine allgemeine Ausgangssperre verhängt. Für öffentliche Orte gilt ab Samstag ein "Betretungsverbot", wie die Stadtverwaltung am Donnerstagabend mitteilte. Möglich ist, dass Ausgangsverbote noch auf ganz Deutschland zukommen: Darüber werden die Ministerpräsidenten am Sonntag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie der baden-württembergische Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) ankündigte.

Von der Ausgangssperre in der 230.000-Einwohner-Stadt Freiburg gilt aber eine Reihe von Ausnahmen. Das Verlassen der Wohnung ist bei "dringenden Angelegenheiten" weiterhin erlaubt. Arztbesuche, beruflich bedingte Wege und Lebensmitteleinkäufe sind zulässig. Auch sportliche Betätigung im Freien bleibt erlaubt, sofern diese alleine oder mit Mitgliedern der Familie ausgeübt wird, wie Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) in den ARD-"Tagesthemen" sagte.

Horn begründete die Maßnahme damit, dass die Stadt nur wenige Kilometer von stark von der Pandemie betroffenen Gebieten Frankreichs und der Schweiz entfernt liegt. Nach seinen Angaben wurde die Ausgangssperre auch deshalb beschlossen, weil die Aufrufe zur Vermeidung sozialer Kontakte nicht genügend beachtet wurden. Diese Botschaft sei "nicht in allen Köpfen angekommen".

Die Freiburger dürfen sich nach Angaben der Stadtverwaltung ab Samstag nur noch alleine, zu zweit oder mit Menschen aus dem eigenen Haushalt im Freien aufhalten. Von allen anderen Menschen ist ein Mindestabstand von 1,50 Meter zu wahren. Horn sagte, er rechne mit großem Verständnis der Freiburger für die Maßnahme. Bei Verstößen würden jedoch der Vollzugsdienst der Stadt und die Landespolizei einschreiten. In drei kleinen bayerischen Kommunen waren bereits zuvor Ausgangssperren verhängt worden.

Laut Ministerpräsident Kretschmann wird es bei einer Telefonkonferenz mit der Kanzlerin am Sonntag unter anderem um eine mögliche deutschlandweite Ausgangssperre gehen. Es hänge von der Bevölkerung ab, ob die Maßnahmen gegen die Pandemie verschärft werden müssten, mahnte Kretschmann im SWR. Die Krise lasse sich nur "verlangsamen", wenn "alle zusammenhalten" und sich an "die Regeln halten". 

Merkel hatte am Mittwoch in einer Fernsehansprache an die Bürger appelliert, sich an die Auflagen zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus zu halten. 

In Deutschland gelten bereits seit dieser Woche massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Schulen und Kitas sowie auch zahlreiche Geschäfte und Freizeiteinrichtungen sind geschlossen. Die Bürger sind aufgerufen, möglichst zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte zu vermeiden. Dennoch bilden sich nach wie vor Menschenmengen in Städten und Parks. 

Eine deutschlandweite Ausgangssperre lehnt der Städte- und Gemeindebund gleichwohl entschieden ab. Die Bürger hielten sich weitgehend an die von Bund, Ländern und Kommunen erlassenen Vorgaben, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Im Vordergrund sollte immer wieder Aufklärung und Belehrung und nicht Zwang stehen", betonte er.

Auch sei eine flächendeckende Ausgangssperre ohnehin "kaum zu kontrollieren", sagte Landsberg. Auf einzelne Orte oder Stadtteile begrenzte Ausgehverbote sollten jedoch seiner Ansicht nach unter Umständen erlassen werden - etwa dann, wenn dort "Teile der Bevölkerung die Regeln nicht beachten".  

Der Chef der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, plädierte dafür, die massiven Einschränkungen im öffentlichen Leben schon jetzt klar zu befristen und ein Ausstiegsszenario vorzubereiten. Die Maßnahmen ließen sich nicht "monatelang fortführen", sagte Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die jetzigen Einschränkungen hält unsere Gesellschaft nicht ewig durch." Die Ängste und Sorgen "würden die Menschen psychisch überfordern". 

Allein aus psychologischen Gründen solle deshalb den Menschen vermittelt werden, dass die Maßnahmen zeitlich begrenzt seien, forderte Reinhardt. Ausgangssperren lehnt er strikt ab. Sie seien "kontraproduktiv", da sie "eine gespenstische Atmosphäre" erzeugten, welche die Menschen extrem ängstige. 

dja

© Agence France-Presse