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Flick im Interview

Flick sieht Abwehrschwäche als Hauptgrund des WM-Scheiterns und keinen großen Umbruch Richtung Heim-EM

Für Fußball-Bundestrainer Hansi Flick liegen die Hauptgründe des WM-Desasters in der schlechten Chancenverwertung und Schwächen in der Abwehr. "Uns hat die Effizienz gefehlt. Defensiv war es nur Durchschnitt, da hatten wir zu wenig Kompaktheit", sagte Flick im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Zweieinhalb Wochen nach dem Vorrunden-Aus in Katar sei "die Enttäuschung noch da", besonders, wenn er die Spiele sehe: "Man denkt schon: Da hätten wir auch sein können. Wir müssen die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir frühzeitig ausgeschieden sind. Es lässt sich leider nicht mehr ändern und es ist sehr, sehr schade."

Ein Rücktritt sei für den 57-Jährigen "nie ein Thema" gewesen. "Ich bin da absolut überzeugt. Die Kommunikation und Zusammenarbeit mit Bernd Neuendorf und Aki Watzke sind sehr gut, wir haben eine gute Basis", sagte Flick, der monierte: "Wir hatten nicht die Konstanz über 90 Minuten, unseren Matchplan zu 100 Prozent durchzuziehen. Das benötigen wir aber für die Zukunft, das ist enorm wichtig. Fehler wie in den letzten 30 Minuten gegen Japan darf man sich bei einer WM auf diesem Niveau nicht leisten." 

Größere Versäumnisse sieht Flick aber nicht. Hätte sein Team die Gruppenphase überstanden, dann wäre noch viel möglich gewesen. "Wir haben schon ganz oft gezeigt, dass wir uns gegen Mannschaften wie Italien, England oder die Niederlande einen Tick leichter tun. Aber es ist wichtig, dass wir gegen jeden Gegner die Konstanz, die Disziplin haben, um alles zu 100 Prozent abzurufen, über die gesamte Spielzeit", sagte der Bundestrainer, der die DFB-Auswahl nun auf die Heim-EM 2024 vorbereitet: "Wir sind in der Bringschuld. Wir müssen wieder Begeisterung erzeugen."

Flick sieht keinen großen Umbruch Richtung Heim-EM

Trotz der dritten Turnier-Enttäuschung in Serie wird es in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Richtung Heim-EM 2024 keinen größeren Umbruch geben. "Eine Altersgrenze - das ist schwierig. Italien hat es vorgemacht mit Bonucci oder Chiellini, die haben im hohen Alter noch mal Top-Leistung abgerufen und sind Europameister geworden", sagte Bundestrainer Hansi Flick im SID-Interview.

Für Flick zählt einzig der "Leistungsgedanke, der ist bei uns vorhanden". Dennoch tue es einer Mannschaft gut, "wenn frischer Wind reinkommt". In der DFB-Auswahl gebe es "einige sehr talentierte junge Spieler". Darauf müsse man einen Blick haben, weil es um die Zukunft gehe, so Flick: "Wir haben bis zur EM eineinhalb Jahre Zeit und wollen dem einen oder anderen helfen, sich festzuspielen."

Mit Thomas Müller (33) wird er in den nächsten Tagen noch einmal sprechen. Der Routinier hatte sich nach dem Vorrunden-Aus bei der WM in Katar noch nicht konkret zu seiner Zukunft geäußert. 

Kapitän Manuel Neuer (36) fällt nach seinem Unterschenkelbruch vorerst aus. "Das tut mir sehr leid, weil es nach der WM noch mal eine Situation ist, die für ihn nicht einfach ist. Für ihn ist es jetzt das Wichtigste, dass er wieder fit wird und zu alter Form kommt", sagte Flick.

Unabhängig von der Besetzung wolle er die Fans im neuen Jahr "mit unseren Auftritten wieder begeistern und dafür sorgen, dass sie uns wieder bedingungslos unterstützen - auch dann, wenn es Rückschläge gibt". Die Spieler müssten den Fans aber das Gefühl geben: "Hey, da stehen elf Spieler auf dem Platz und da sitzen noch mal sechs oder acht draußen, die geben alles für Deutschland. Das möchte ich sehen!"

Flick freut sich auf Zusammenarbeit mit Expertenrat

Hansi Flick freut sich nach der WM-Enttäuschung auf die Zusammenarbeit mit dem neu gegründeten Expertenrat des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). "Ich finde es großartig, dass sie sich bereiterklärt haben, uns beratend zur Seite zu stehen", sagte der Bundestrainer im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Neben DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke gehören dem Gremium Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer, Oliver Mintzlaff, Oliver Kahn und Rudi Völler an. "Als Erstes muss man sehen, dass sie alle große Persönlichkeiten des deutschen Fußballs mit sehr viel Erfahrung sind, die genau wissen, worauf es ankommt", sagte Flick, der die Besetzung auch als "eine gute Wahl für den notwendigen Schulterschluss mit den Vereinen" ansieht.

Die Gruppe soll unter anderem einen Nachfolger für Geschäftsführer Oliver Bierhoff suchen und dessen Rolle neu definieren. Bierhoff und der DFB hatten sich nach 18 Jahren getrennt, den Abgang des Europameisters von 1996 bedauert Flick weiterhin. "Unser Verhältnis war immer geprägt von Loyalität, Wertschätzung und totalem Vertrauen", betonte der 57-Jährige: "Oliver hat dem deutschen Fußball sehr viel gegeben. Er wäre sicher kein Hindernis gewesen, um wieder erfolgreich zu sein."


Flick gönnt Messi den WM-Titel

Hansi Flick würde Lionel Messi den noch fehlenden WM-Titel gönnen. "Wenn man Fußball-Romantiker ist, wird man es Lionel Messi wünschen, weil er der herausragende Spieler der vergangenen zehn Jahre ist", sagte der Bundestrainer im SID-Interview vor dem Endspiel zwischen Argentinien und Frankreich in Katar am Sonntag (16.00 Uhr MEZ/ARD und MagentaTV). Im Halbfinale gegen Kroatien (3:0) habe der 35-Jährige gezeigt, "welche Qualität er auch in diesem Alter noch hat". 

Trotz des bitteren Scheiterns der deutschen Nationalmannschaft in der Vorrunde freut sich Flick auf dieses Spiel: "Beide Mannschaften haben es verdient, im Finale zu stehen". Obwohl Messi den Titel bei seiner letzten WM verdient hätte, ist Flick "neutral". Aber natürlich habe er "eine andere Beziehung zu den Spielern, die man noch kennt wie Kingsley Coman, Benjamin Pavard oder Lucas Hernandez, der leider verletzt ist".

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