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Osnabrück: Reichsbürger-Verein verboten

Seehofer verbietet erstmals Reichsbürgervereinigung

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat erstmals eine Reichsbürgervereinigung verboten. Die Gruppe Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt) sowie ihre Teilorganisation Osnabrücker Landmark seien aufgelöst worden, teilte das Innenministerium am Donnerstag in Berlin mit. Seit den frühen Morgenstunden liefen Razzien in zehn Bundesländern. Über 400 Einsatzkräfte durchsuchten zeitgleich die Wohnungen von 21 führenden Vereinsmitgliedern in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bei den Razzien Schusswaffen, Baseballschläger, Propagandamaterialien sowie geringe Mengen Betäubungsmittel sichergestellt. 

Seehofer versicherte: "Wir setzen den Kampf gegen den Rechtsextremismus auch in Krisenzeiten unerbittlich fort." Für Rassismus und Antisemitismus sei in unserer Gesellschaft "kein Millimeter Platz". Die nun verbotene Gruppe habe "rassistische und antisemitische Schriften verbreitet und damit unsere freiheitliche Gesellschaft systematisch vergiftet". "Auch die verbale Militanz und massive Drohungen gegenüber Amtsträgern und ihren Familien belegen die verfassungsfeindliche Haltung dieser Vereinigung." 

In Baden-Württemberg wurden laut dem dortigen Innenministerium am Morgen vier Objekte in den Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg durchsucht, Vereinsvermögen beschlagnahmt sowie Beweismittel sichergestellt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte in Stuttgart, "wir haben eine wehrhafte Demokratie". Gemeinsam werde konsequent gegen verfassungsfeindliche Organisationen vorgegangen, "die die Existenz und Legitimität der Bundesrepublik Deutschland bestreiten und ihre Institutionen und Amtsträger bedrohen".

In Schleswig-Holstein wurden Durchsuchungen in den Kreisen Segeberg und Steinburg vorgenommen. Landesinnenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erklärte, mit dem Vereinsverbot setzten die Innenminister "ein weiteres deutliches Signal im Kampf gegen den Extremismus".

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, begrüßte das Verbot der Reichsbürger-Gruppe. "Diese Gruppen werden mitunter immer noch als bloße Irre verklärt", sagte Kuhle. "Tatsächlich bereiten sie nicht nur durch krude Theorien und seltsame Aufrufe den Boden für rechtsextreme Gewalt." Durch "zunehmende Militanz und Bewaffnung der Szene" gehe auch von ihnen selbst eine Gefahr aus.

In den letzten Jahren fiel der Verein GdVuSt nach Angaben des Bundesinnenministeriums durch "aggressive Sprache und teils drastische Drohungen" auf. Diese umfassten insbesondere eine "Inhaftierung" der Adressaten, "Strafgebühren" in hohen Summen und "Sippenhaft". Die Veröffentlichungen der Gruppe zeigten die "schwerwiegenden Verletzungen der Grundrechte" und besonders der Menschenwürde Anderer, teilte das Bundesinnenministerium mit. 

Der Verein bringe durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie zum Ausdruck und verstoße damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die verbotene Gruppe leugnet den Angaben des Ministeriums zufolge die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und strebt ein eigenes "naturstaatliches" Rechtssystem an. Dabei werde die Bundesrepublik als "niedrigste Staatsform" und "Handelskonstrukt" diskreditiert. Die Vereinsmitglieder schreckten auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurück. 

Der Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger-Szene seit 2016. Die sogenannten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an und weigern sich unter anderem häufig, Steuern zu zahlen.

jpf/jp

© Agence France-Presse