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Die Zeit begünstigt die Angeklagten

Zahlreiche Anträge der Beschuldigten auf eine Verschiebung der Verhandlung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus hatten den Prozess verzögert.


Das Schweizer Bundesstrafgericht gerät im Kampf gegen die drohende Verjährung beim Sommermärchen-Prozess offenbar hoffnungslos ins Hintertreffen. Das Gericht in Bellinzona teilte am Dienstag mit, dass aufgrund der "außerordentlichen Lage vor dem Hintergrund des Coronavirus" das Verfahren um ungeklärte Millionenzahlungen vor der Fußball-WM 2006 bis mindestens zum 20. April unterbrochen sei. Bis zum 27. April muss allerdings ein erstinstanzliches Urteil vorliegen, ansonsten tritt die Verjährung der Angelegenheit in Kraft.

Der Schweizer Bundesrat hatte am Dienstag außerordentliche Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der COVID-19-Erkrankungen verordnet. Besonders gefährdete Personen sollen zu Hause bleiben und Menschenansammlungen meiden. "Sämtliche Beschuldigte sind älter als 65 und weisen teilweise einschlägige Vorerkrankungen auf. Sie gehören demnach zur Risikogruppe", teilte das Gericht mit. Den Beschuldigten könne "nicht zugemutet werden, an der Hauptverhandlung teilzunehmen."

Der Prozess gegen die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (74) und Wolfgang Niersbach (69) sowie Horst R. Schmidt (78), früherer Schatzmeister und Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), und Ex-FIFA-Generalsekretär Urs Linsi (Schweiz/70) war von Beginn an äußerst schleppend verlaufen.

Zahlreiche Anträge der Beschuldigten auf eine Verschiebung der Verhandlung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus sowie ungeklärte Fragen zur Reise- und Verhandlungsfähigkeit der nicht in Bellinzona erschienenen Zwanziger und Schmidt hatten den Prozess verzögert.

Ein Abwesenheitsverfahren gestaltet sich zudem als offenkundig kaum durchführbar. Dieses könne nur stattfinden, "wenn die beschuldigte Person im bisherigen Verfahren ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu den ihr vorgeworfenen Straftaten zu äußern und die Beweislage ein Urteil ohne ihre Anwesenheit zulässt", stellte das Bundesstrafgericht fest: "Dies scheint nicht der Fall zu sein."

Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) hatte das Verfahren am 6. November 2015 eröffnet. Sie wirft dem Quartett vor, über den eigentlichen Zweck einer Zahlung aus dem Jahr 2005 in Höhe von 6,7 Millionen Euro vom DFB an den Weltverband FIFA getäuscht zu haben. Die Beschuldigten haben den Vorwurf stets bestritten. Der DFB tritt in dem Prozess als Privatkläger auf.

Bereits im vergangenen Sommer war das Verfahren gegen den früheren OK-Boss Franz Beckenbauer (74) aufgrund dessen gesundheitlichen Zustandes abgetrennt worden.

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