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Kompromiss-Möglichkeiten beim Bürgergeld

Nach dem vorläufigen Scheitern des Bürgergeld-Gesetzes im Bundesrat suchen Koalition und CDU/CSU nach Kompromissen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich gegenüber den Funke-Zeitungen (Wikipedia) vom Dienstag offen dafür, der Union in den Streitpunkten Sanktionsmöglichkeiten und Schonvermögen entgegenzukommen. Die Union verfolgt nach Worten ihres Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (Wikipedia) im bevorstehenden Vermittlungsverfahren das Ziel, die von der Koalition geplante sechsmonatige "Vertrauenszeit" mit abgeschwächten Sanktionsmöglichkeiten gegen Beziehende zu streichen. 

Die Einführung des Bürgergelds und die damit verbundene Abkehr vom Hartz-IV-System hatte am Montag im Bundesrat die erforderliche Mehrheit verfehlt, weil Bundesländer mit Regierungsbeteiligung der Union der Vorlage die Zustimmung verweigerten. Bund und Länder wollen nun in der kommenden Woche im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss finden - möglichst noch vor der nächsten regulären Bundesratssitzung am 25. November.

FDP-Fraktionschef Dürr schlug in den Funke-Zeitungen eine Kompromisslinie vor; er betonte zugleich, dass sich die Ampel-Koalition noch auf eine gemeinsame Position verständigen müsse. 

Zwar verbreite die Union "Märchen, wenn sie die ersten sechs Monate als sanktionsfreie Zeit darstellt", kritisierte Dürr. "Aber wenn die Union dieses Symbol braucht, bin ich dafür offen, Sanktionsmöglichkeiten beizubehalten."

Der Fraktionsvorsitzende zeigte sich auch beim Schonvermögen gesprächsbereit und griff den Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder zu einer Staffelung auf, die sich nach der Dauer der Beschäftigung richtet. "Ich finde, über eine Staffelung des Schonvermögens kann man sprechen, wenn die Union dann ihren Seelenfrieden bekommt", sagte Dürr.

Unions-Parlamentsgeschäfstführer Frei formulierte in der "Augsburger Allgemeinen" noch einmal die Forderungen von CDU und CSU: "Es darf kein Zweifel daran gelassen werden, dass Sanktionen von Anfang an verhängt werden können", sagte er. "Wer das Prinzip 'Fördern und Fordern' aufgeben will, kann von uns keine Zustimmung erwarten."

Das geplante Bürgergeld sieht höhere Regelsätze, ein höheres Schonvermögen, weniger Sanktionen in einer sechsmonatigen "Vertrauenszeit" und eine verbesserte Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit vor. Die Ampel-Koalition verspricht sich davon, die Sozialleistung bürgerfreundlicher zu machen als das bisherige Hartz-IV-System.

Die Union beanstandet, dass das Bürgergeld einen sozialpolitischen Systemwechsel markiere und eine Abkehr vom Prinzip "Fördern und Fordern" bedeute. Durch die zeitweilige Lockerung von Sanktionen und die Erhöhung des Schonvermögens würden insbesondere arbeitende Menschen mit geringem Einkommen benachteiligt, argumentieren CDU und CSU.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, blickt optimistisch auf die bevorstehende Suche nach einer Lösung. Sie sei "sehr zuversichtlich, dass wir auch im Vermittlungsausschuss einen guten Kompromiss finden werden", sagte sie im Deutschlandfunk. Das mit Vertretern von Bundestag und Bundesrat besetzte Gremium, in dem Mast Mitglied ist, werde in der kommenden Woche die Arbeit aufnehmen.

Der Kinderschutzbund kritisierte derweil die unionsregierten Länder für den Stopp des Bürgergeldes im Bundesrat. "Die Verweigerungshaltung der Union beim Bürgergeld ist unanständig", sagte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Familien mit Kindern seien von den gegenwärtigen Krisen besonders hart betroffen.

Kritik am Vorgehen von CDU und CSU kam auch vom Paritätischen Gesamtverband. "Im parteipolitischen Streit um das Bürgergeld droht unterzugehen: Wir reden hier von der Absicherung des Existenzminimums", sagte der Hauptgeschäftsführer des Sozialverbands, Ulrich Schneider. Angesichts steigender Energie- und Lebenshaltungskosten verschärfe sich die Not armer Menschen Tag für Tag.

pw/cne