Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Scholz verteidigt geplante neue Sanktionen gegen den Iran

"Mehr als 300 Tote – reihenweise Todesurteile, mehr als 14.000 Festnahmen" ...

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die iranische Führung für die dortigenMenschenrechtsverletzungen kritisiert und die geplanten neuen Sanktionen verteidigt. "Was sind Sie für eine Regierung, die auf die eigenen Bürgerinnen und Bürger schießt? Wer so handelt, muss mit unserem Widerstand rechnen", sagte Scholz am Wochenende. Teheran wies diese Haltung prompt als "interventionistisch, provozierend und wenig diplomatisch" zurück.

"Einzig und allein die iranische Regierung ist verantwortlich für die Gewaltexplosion", sagte Scholz am Samstag in seinem wöchentlichen Internet-Format "Kanzler kompakt". Das Land sei Mitglied der UNO und habe sich verpflichtet, die Menschenrechte zu wahren und zu schützen. "Daran messen wir die iranische Führung", bekräftigte der Kanzler.

Angesichts der brutalen Niederschlagung der seit Wochen anhaltenden Proteste wollen die EU-Außenminister am Montag neue Sanktionen gegen den Iran verhängen. Wegen des gewaltsamen Vorgehens der iranischen Behörden gegen Demonstrierende sollen mehr als 30 Verantwortliche und Organisationen mit Einreise- und Vermögenssperren belegt werden.

"Mehr als 300 Tote – reihenweise Todesurteile, mehr als 14.000 Festnahmen" - kaum jemand in Deutschland könne sich vorstellen, wie viel Mut es verlange, derzeit im Iran für Freiheit und Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen, sagte Scholz weiter. Ihn erschütterten die täglichen Bilder. Deutschland fordere ein "sofortiges Ende der Gewalt" sowie die Freilassung politischer Gefangener und inhaftierter Journalistinnen und Journalisten.

Teheran reagierte am Sonntag ebenfalls mit deutlichen Worten. In einer auf der Internetseite des Außenministeriums veröffentlichten Erklärung warf Sprecher Nasser Kanaani der Bundesregierung vor, "Menschenrechte als Grundlage für politische Spielchen" zu missbrauchen. Zugleich forderte er Deutschland auf, "die Souveränität anderer Länder zu respektieren".

Kanaani warnte Berlin vor der "Zerstörung historischer Verbundenheit" und den langfristigen Konsequenzen. Erneut forderte der Ministeriumssprecher Deutschland zu "Rationalität" in den Beziehungen auf. Respekt und gemeinsame Interessen seien der einzige Weg zu einer dauerhaften Zusammenarbeit, hieß es.

Kanaani kritisierte zudem das Treffen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit iranischen Aktivistinnen. Dies sei "ein eklatanter Verstoß gegen die internationale Verantwortung Frankreichs im Kampf gegen Terrorismus und Gewalt", sagte er. Die Unterstützung "für diese sogenannte Revolution, die von diesen Leuten angeführt wird", sei "bedauerlich und beschämend". Macron hatte am Freitag vier iranische Aktivistinnen getroffen und ihnen anschließend "Respekt und Bewunderung" gezollt.

Der Iran hatte im Fall von neuen Sanktionen bereits eine "angemessene und entschlossene" Reaktion angekündigt. Grünen-Chef Omid Nouripour nannte diese Drohung "unerhört" und "komplett indiskutabel". Die Reaktion zeige jedoch auch, "dass unser Druck sitzt", sagte er im ZDF. In der "Bild am Sonntag" forderte er, die EU müsse auch die iranischen Revolutionsgarden auf ihre Terrorliste setzen. Diese seien "die Hauptträger der Unterdrückung" im Iran.

SPD-Chef Lars Klingbeil nannte das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstrierenden "abscheulich". "Die Proteste, die auch von immer mehr Männern im ganzen Land unterstützt werden, werden brutal niedergeschlagen", sagte er der "Rheinischen Post". Menschen würden "verprügelt, gefoltert, eingesperrt, weil sie für Selbstverständlichkeiten auf die Straße gehen".

Auslöser der derzeitigen Massenproteste war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September. Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Sie starb kurze Zeit nach ihrer Festnahme in einem Krankenhaus. Aktivisten werfen den Behörden vor, Amini misshandelt zu haben. 

hcy/smb


© Agence France-Presse