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Familie von inhaftiertem Abdel Fattah fordert Informationen über seinen Zustand

Germanwatch: Tod des ägyptischen Aktivisten würde gesamte COP27 überschatten

Nach Gerüchten über eine Zwangsernährung des hungerstreikenden ägyptischen Aktivisten Alaa Abdel Fattah (Wikipedia) hat seine Familie von den Behörden Informationen über seinen Zustand verlangt. Wie Abdel Fattahs Schwester Mona Seif am Mittwoch erklärte, weiß die Familie weiterhin nicht einmal, ob der britisch-ägyptische Dissident noch am Leben ist. Der britische Premierminister Rishi Sunak (Wikipedia) sagte, die Sorge um den 40-Jährigen werde täglich größer.

Mona Seif schrieb im Onlinedienst Twitter, ihre Mutter Laila Sueif habe sich den dritten Tag in Folge auf den Weg zu dem 100 Kilometer nördlich von Kairo gelegenen Gefängnis ihres Sohnes gemacht. "Um zu versuchen, irgendetwas zu erfahren, das beweist, dass Alaa am Leben ist, bei Bewusstsein und nicht noch mehr Misshandlungen erfahren hat als die, die er schon seit Jahren erleidet."

Einen Brief ihrer Mutter an den Sohn habe die Gefängnisleitung nicht entgegengenommen, fügte Mona Seif hinzu. "Bedeutet das, dass er in einem Zustand ist, in dem er keinen Brief erhalten kann? Oder dass er nicht mehr in diesem Gefängnis ist?"

Abdel Fattahs Tante, die bekannte Schriftstellerin Ahdaf Sueif (Wikipedia), erklärte auf Twitter, es gebe "Gerüchte, wonach er unter Betäubungsmittel stehend zwangsernährt wird". Sie verlangte, ihr Neffe müsse "dringend in die Universitätsklinik Kasr al-Aini verlegt" werden, das größte Krankenhaus in Kairo. Dadurch solle ermöglicht werden, dass "andere als die Repräsentanten des Staates Zugang zu ihm bekommen, wie seine Anwälte oder ein Vertreter der britischen Botschaft", fügte die Tante hinzu.

Ägyptens Außenminister Sameh Schukri (Wikipedia), der zugleich Präsident der derzeitigen UN-Klimakonferenz in Scharm el-Scheich (COP27) ist, hatte in den vergangenen Tagen immer wieder versichert, dass Abdel Fattah "jede notwendige Versorgung" erhalte. Dessen Tante wandte dagegen ein, die Krankenstation im Gefängnis verfüge wahrscheinlich nicht über "die notwendige Ausrüstung für den seltenen Fall eines Patienten, der sechs Monate lang mit nur 100 Kalorien täglich überlebt hat".

Abdel Fattah war vor rund sieben Monaten in einen Hungerstreik getreten. Seit Beginn der UN-Klimakonferenz am Sonntag trinkt er nach Angaben seiner Familie nicht einmal mehr Wasser.

Großbritannien, Frankreich, UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk und auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben in den vergangenen Tagen die Freilassung des 40-jährigen Demokratie-Aktivisten gefordert.

Der britische Regierungschef Sunak sagte am Mittwoch im Parlament in London, seine Regierung werde weiterhin auf eine Lösung für Abdel Fattah dringen. Er wisse, dass das gesamte Unterhaus "meine tiefe Besorgnis über seinen Fall teilt, der jeden Tag dringlicher wird". "Wir wollen Alaa so bald wie möglich frei und wieder mit seiner Familie vereint sehen", sagte Sunak.

Abdel Fattahs Schwester Sanaa Seif hatte Scholz am Dienstagabend bei einer Veranstaltung im Deutschen Pavillon bei der UN-Klimakonferenz für seinen Einsatz für ihren Bruder gedankt. Andererseits müsse die Bundesregierung ihre Außenpolitik gegenüber Ägypten grundsätzlich überdenken.

Der Politische Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, Christoph Bals, erklärte, wenn Abdel Fattah in den kommenden Tagen sterbe, werde "dies die gesamte Weltklimakonferenz überschatten". Die Bundesregierung und die EU müssten daher weiterhin "alle diplomatischen Hebel" für seine Freilassung nutzen.

Zugleich wies Bals auf 60.000 weitere politische Gefangene in Ägypten und die Einschränkung der Zivilgesellschaft bei der COP27 hin. So seien wichtige Nichtregierungsorganisationen des Landes nicht zugelassen worden. 

Der Germanwatch-Chef kritisierte weiter, gegen einige bereits registrierte COP27-Teilnehmer gingen die ägyptischen Behörden mit Videoüberwachung in Taxis, Durchsuchungen und erzwungenen kurzfristigen Stornierungen ihrer Hotelzimmer in Scharm el-Scheich vor. Außerdem gebe es Fälle, in denen Hotels offenbar auf staatlichen Druck von NGO-Vertretern plötzlich Aufpreise in Höhe von 500 Dollar pro Nacht verlangten.


yb/noe


© Agence France-Presse