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Wandel durch Handel?

Scholz will in China über weitere Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen sprechen (Aktualisierung)

Scholz mahnt in China faire Handelsbedingungen an

Bei seinem Besuch in der Volksrepublik China hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Fairness in den Handelsbeziehungen angemahnt. Deutschland und China hätten ein gemeinsames Interesse daran, "dass die Vorteile durch die Globalisierung und das wirtschaftliche Wachstum, das dadurch möglich ist, nicht verloren gehen", sagte Scholz am Freitag bei Beginn seines Treffens mit Ministerpräsident Li Keqiang. Wichtig seien dabei für Deutschland aber "wirtschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe", sagte der Kanzler. 

Ihm gehe es auch um die "Frage, dass Investitionszugänge gleichermaßen gewährleistet sein müssen und dass keine Abhängigkeiten entstehen, die dazu beitragen, dass man nicht frei handeln kann", sagte Scholz weiter. Deutschland erwarte "Reziprozität" in Handelsfragen.

Westliche Unternehmen klagen seit langem über erschwerten Marktzugang in der Volksrepublik. Weiteres wichtiges Streitthema ist der Schutz geistigen Eigentums. Der Besuch des Kanzlers findet zudem vor dem Hintergrund einer Debatte über wachsende Abhängigkeiten der exportorientierten deutschen Wirtschaft von China statt.

Ministerpräsident Li betonte den Wunsch seiner Regierung nach einer noch engeren Zusammenarbeit mit Deutschland. "Deutschland und China bekennen sich beide zu freiem und fairem Handel", sagte er bei dem Treffen in der Großen Halle des Volks in Peking. "Wir werden uns auch weiter bekennen zu einer für alle Seiten vorteilhaften Öffnung nach außen."

Beide Regierungschefs verwiesen in ihren Eingangsstatements auf die angespannte Weltlage; sie warnten vor einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und mahnten Frieden und Stabilität an. Scholz sprach dabei ausdrücklich auch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine an. 

Er wolle mit der chinesischen Führung auch "über das sprechen, was die Welt heute unsicherer macht - aus meiner Sicht ist das ganz besonders der russische Angriffskrieg in der Ukraine mit seinen Konsequenzen für Europa und die ganze Welt", sagte Scholz. Sein Besuch falle "in eine schwierige Zeit, in der wir alles dafür tun müssen, dass wir sicherstellen, dass die Welt sich friedlich entwickelt".

Die Bundesregierung hatte im Vorfeld die Hoffnung geäußert, dass China seinen Einfluss in Russland gelten macht, um eine Eskalation des Kriegs in der Ukraine - und insbesondere das Szenario eines Einsatzes nuklearer Waffen - zu verhindern. 

Li sprach den Ukrainekrieg in seinem Statement nicht ausdrücklich an. Er sagte lediglich: "Die Welt ist konfrontiert mit zu vielen Risiken." Es drohe die "Gefahr eines Abschwungs". Umso mehr benötige die Welt "Stabilität und Berechenbarkeit". China sei interessiert an "Frieden und Stabilität in der ganzen Welt, da können wir unsere gebührende Rolle spielen".

pw/ma


Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zum Auftakt seines Besuchs in Peking vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping empfangen worden. Bei dem Treffen mit dem Staats- und Parteichef wolle er über Möglichkeiten beraten, wie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China "weiterentwickelt" werden könnten, sagte Scholz zu Beginn der Unterredung am Freitag. Darüber hinaus wolle er aber auch solche Themen ansprechen, "in denen wir unterschiedliche Perspektiven verfolgen", sagte der Kanzler - "das ist das Ziel eines Austausches", fügte er hinzu.

Chinas Präsident X isagte bei dem Treffen, der Besuch des Kanzlers werde "die praktische Zusammenarbeit" vertiefen, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Die Visite werde zur "Vertrauensbildung" und zur Weiterentwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen "in der nächsten Phase" beitragen.

Aktuell ist das Verhältnis Deutschlands zu China allerdings von erheblichen Differenzen geprägt. Sorge bereiten der Bundesregierung etwa die chinesische Unterstützung Russlands trotz des Ukraine-Kriegs, die Drohungen Pekings mit militärischer Gewalt gegen Taiwan, die Lage der Menschenrechte sowie Markt- und Handelshemmnisse für westliche Unternehmen. 

Bereits vor der Abreise hatte Scholz eine Neujustierung der deutschen China-Politik angekündigt. Ein "business as usual" sei nicht möglich, weil sich die Politik der Volksrepublik in den vergangenen Jahren verändert habe und konfrontativer geworden sei. 

Bei der Begegnung mit Xi in der Pekinger Großen Halle des Volkes betonte Scholz die Wichtigkeit des persönlichen Austausches auch mit der chinesischen Führung. Es sei "gut, dass wir einen ganz intensiven Austausch haben werden über alle Fragen" sagte er.

Dies gelte insbesondere, da sein Besuch in eine Zeit falle, "die "von großen Spannungen geprägt ist ganz besonders durch den russischen Krieg gegen die Ukraine", sagte Scholz. Ansprechen wolle er zudem Themen wie die globale Nahrungsmittelkrise, den Klimawandel und die Überschuldung vieler Staaten.

Der Besuch des Kanzlers ist in mehrerlei Hinsicht besonders. Er findet unter den in China gültigen scharfen Corona-Restriktionen statt. Nach der Landung in Peking musste sich der Kanzler einem PCR-Test unter Aufsicht der chinesischen Gesundheitsbehörden unterziehen - er fiel nach deutschen Regierungsangaben negativ aus. Aus Pandemieschutzgründen wurde auf eine Übernachtung in China verzichtet. 

Zudem ist Scholz der erste westliche Staatsgast seit Beginn der Pandemie vor mehr als zwei Jahren, der in dem abgeschotteten Land empfangen wurde. Er ist damit auch der erste Regierungschef aus dem Westen, der den chinesischen Präsidenten Xi trifft, seit dieser vor zwei Wochen auf dem Parteitag der chinesischen KP seine Alleinherrschaft festigte. 

Kritik von vielen Seiten begleitet den Kanzler auf seiner Reise. Die Koalitionspartner Grüne und FDP verlangen von ihm ein klares Eintreten für die Menschenrechte. Diese Forderung kommt auch von Menschenrechtsgruppierungen und Dissidenten, die der Volksrepublik schwerste Vergehen etwa in der von den muslimischen Uiguren bewohnten  Provinz Xinjiang vorwerfen. 

Bemängelt wurde auch der Zeitpunkt der Reise so kurz nach dem Parteitag, auf dem die Kommunistische Partei ihren von massiver staatlicher Repression flankierten Machtanspruch in der Volksrepublik noch einmal mit Nachdruck bekräftigte. 

Zugleich hat China als wichtigster Handelspartner Deutschlands eine wirtschaftlich wichtige Stellung. Der Kanzler wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, mit dabei sind unter anderem die Chefs von VW, BMW, BASF, Adidas, Biontech und Deutscher Bank. Die deutsche Wirtschaft will ihre lukrativen Geschäfte mit der Volksrepublik fortsetzen - zugleich wachsen die Sorgen vor einer zu großen Abhängigkeit Deutschlands von China. 

Angesichts dieser Spannungsfelder gilt der Besuch in Peking (Wikipedia) auch als diplomatische Bewährungsprobe für den Kanzler. Konkret erhofft sich Berlin etwa, dass China mäßigend auf seinen Partner Russland und dessen Kriegsführung in der Ukraine einwirkt - insbesondere angesichts der jüngsten nuklearen Rhetorik aus Moskau.

pw/se


Peter WÜTHERICH / © Agence France-Presse