Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Eine Ultrarechte als erste Ministerpräsidentin Italiens

Giorgia Meloni muss nur noch Vertrauensabstimmung im Parlament überstehen

Sie sei "Giorgia, eine Frau, eine Mutter, eine Italienerin, eine Christin": In der wohl berühmtesten Rede ihrer politischen Karriere fasste Giorgia Meloni (Wikipedia) im Herbst 2019 in diesen laut ins Mikrofon gerufenen Worten zusammen, wie sie sich sieht. Knapp drei Jahre später hat die Römerin Meloni ihr Ziel erreicht. Die Chefin der ultrarechten Fratelli d'Italia (FDI) (Wikipedia) wurde am Freitag zur ersten Ministerpräsidentin Italiens ernannt - mit dem von ihr geschlossenen Dreierbündnis dürfte sie auch die Vertrauensabstimmung kommende Woche im Parlament überstehen. 

Das von Melonis Partei angeführte Rechtsbündnis hatte sich bei den Wahlen im September die absolute Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments gesichert. Die FDI erhielt 26 Prozent der Stimmen und wurde damit stärkste Kraft. Experten führten den Wahlerfolg der Partei darauf zurück, dass sie "ein Bezugspunkt für Protest und Unzufriedenheit" sei. Mit ihren Bündnispartnern Silvio Berlusconi von der konservativen Forza Italia (FI) (Wikipedia) und Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega (Wikipedia) bildet Meloni eine rechte Drei-Parteien-Koalition. 

Seit Wochen versuchte die 45-Jährige, sich auf ihre Rolle als Regierungschefin vorzubereiten, indem sie sich bemühte, das Etikett "postfaschistisch" loszuwerden, das ihrer Partei anhaftet - ein Etikett, das in der Tradition der Partei begründet liegt: Die FDI tritt das Erbe der rechtsradikalen Movimento Sociale Italiano (MSI) an, die in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein Sammelbecken für Nostalgiker der faschistischen Gewaltherrschaft unter Diktator Benito Mussolini war. 

Auch Meloni selbst hat ihre Karriere weit rechtsaußen begonnen: 1996 wurde sie als 19-Jährige zur Chefin der Azione Studentesca, deren Emblem das von Rechtsextremen in ganz Europa verwendete Keltenkreuz ist. In einem Interview mit dem französischen Fernsehsender France 3 sagte Meloni damals, Mussolini sei ein "guter Politiker" gewesen.

Zehn Jahre später, bei der Parlamentswahl 2006, zog Meloni für die gemäßigte Rechtspartei Nationale Allianz (AN) (Wikipedia) ins Abgeordnetenhaus ein. 2008 wurde sie zur Jugendministerin in der bisher letzten Regierung Berlusconi ernannt und damit zur jüngsten Ministerin der Nachkriegsgeschichte. Meloni begann damals, mit Blick auf die faschistische Vergangenheit Italiens andere Töne anzuschlagen. 

"Die italienische Rechte hat den Faschismus seit Jahrzehnten hinter sich gelassen", sagte Meloni in einer dreisprachigen Videobotschaft an Korrespondenten der ausländischen Presse in Rom im August. In ihrer Partei gebe es "keinen Platz für Nostalgiker des Faschismus, für Rassismus und Antisemitismus", hatte sie schon im Oktober 2021 erklärt.

Zweifel an ihrer rechtskonservativen Einstellung lässt Meloni indes nicht aufkommen. In ihren Reden wettert sie gegen die EU, gegen "Masseneinwanderung", der sie mit einer Seeblockade gegen Boote aus Nordafrika beikommen will. Meloni hält Brandreden gegen Abtreibungsrechte und "LGBT-Lobbys". Zu den europäischen Verbündeten der FDI zählen die rechtsextreme spanische Partei Vox und die rechtsnationale PiS in Polen.

Von anderen europäischen Rechtsparteien unterscheidet Meloni und ihre FDI aber die Haltung zum Ukraine-Krieg: Die selbsternannte Transatlantikerin hat sich unmissverständlich auf die Seite Kiews gestellt und unter anderem Waffenlieferungen an das Land befürwortet - zuletzt am Mittwoch, als sie ihren künftigen Koalitionspartner Berlusconi wegen dessen freundlicher Äußerungen über Kremlchef Wladimir Putin scharf zurechtwies.  

"Ich habe die Absicht, eine Regierung mit einer klaren und unmissverständlichen außenpolitischen Linie zu führen", erklärte Meloni. Italien sei "voll und ganz und mit erhobenem Haupt Teil Europas und der Transatlantischen Allianz". Jeder, der "mit diesem Eckpfeiler" nicht einverstanden sei, "wird nicht Teil der Regierung sein können, selbst um den Preis, keine Regierung zu bilden".

kas/lan