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Historische Leitzinserhöhung

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit einer historischen Leitzinserhöhung auf die anhaltend hohe Inflation reagiert.

Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag eine Erhöhung der drei Leitzinssätze (Wiki) um jeweils 0,75 Prozent - die stärkste Erhöhung seit Einführung des Euros. Zugleich stellten die Zentralbänker die EU auf schwierige Monate ein: Sie erhöhten ihre Prognose für die Inflation in diesem Jahr und senkten die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum für 2023 deutlich.

Die Leitzinserhöhung sei im EZB-Rat "einstimmig" beschlossen worden, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, als sie nach der Sitzung in Frankfurt vor die Presse trat. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen können, steigt somit auf 1,25 Prozent. Die anderen beiden Sätze, der Einlagensatz und der Spitzenrefinanzierungssatz, wurden auf 0,75 und 1,5 Prozent angehoben.

Die Zentralbänker hatten im Juli erstmals seit 16 Jahren die Leitzinssätze um jeweils 0,5 Prozentpunkte erhöht und damit die Ära der Negativzinsen beendet. Die Inflation sei aber weiterhin "viel zu hoch" und werde voraussichtlich noch länger auf diesem hohen Niveau bleiben, erklärte das Geldinstitut nun. Eine weitere Erhöhung der Zinssätze sei daher angemessen.

Höhere Zinsen gelten als Mittel gegen die Teuerung - sie wirken aber auch bremsend auf das Wirtschaftswachstum. Mehrere bedeutende Zentralbanken weltweit hatten dennoch in den vergangenen Wochen das Zinsniveau noch deutlich stärker erhöht. In den USA liegen die Leitzinssätze zwischen 2,25 und 2,5 Prozent.

Bezüglich der Inflation passte die EZB ihre Prognose vom Juni an: Erwartet werde nun eine Teuerungsrate von 8,1 Prozent für das laufende Jahr. Zuvor war noch von einem Wert von 6,8 Prozent ausgegangen worden. Für 2023 sagt die EZB nun eine Jahresinflation von 5,5 Prozent vorher und für 2024 von 2,3 Prozent. Damit würde auch in diesen beiden Jahren der Zielwert von zwei Prozent teils deutlich überschritten.

Außerdem rechnen die Zentralbänker nun damit, dass die Wirtschaft in der Eurozone ab Ende dieses Jahres "stagnieren" wird. Sie hoben zwar am Donnerstag ihre Wachstumserwartungen für das Jahr 2022 leicht von 2,8 Prozent auf 3,1 Prozent an. Für das kommende Jahr schraubten sie ihre Prognose für die 19 Euro-Länder jedoch drastisch herunter - von 2,1 Prozent auf nunmehr 0,9 Prozent.

Die ursprünglichen Prognosen hatte der EZB-Rat erst im Juni aufgestellt. Das Gremium verwies nun insbesondere auf die sehr hohen Energiepreise und anhaltende Probleme in den weltweiten Lieferketten. "Auch wenn die Engpässe auf der Angebotsseite abnehmen, wirken sie sich nach wie vor negativ auf die Wirtschaftstätigkeit aus", hieß es. Hinzu komme "das negative geopolitische Umfeld, insbesondere die ungerechtfertigte Aggression Russlands gegen die Ukraine".

pe/bk