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Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2020 der Deutschen Bischofskonferenz

Susan Kreller wird für „Elektrische Fische“ ausgezeichnet.


Susan Kreller erhält den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2020 der Deutschen Bischofskonferenz für das im Carlsen Verlag erschienene Buch Elektrische Fische. Die Jury unter Vorsitz von Weihbischof Robert Brahm (Trier) hat das diesjährige Preisbuch aus 231 Titeln ausgewählt, die von 71 Verlagen eingereicht wurden.Susan Kreller, Preisträgerin des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises 2020 der Deutschen Bischofskonferenz (©Ellen Runa Kara)

Susan Kreller erzählt die Geschichte von Emma, die mit ihrer Familie das vertraute Dublin verlassen muss und zu ihren deutschen Großeltern in ein kleines Dorf in Mecklenburg-Vorpommern zieht. Nur wenige Stunden nach der Ankunft in Deutschland ist für Emma klar, dass sie nach Hause zurück will. An den Romanfiguren zeigt sich, „wie unterschiedliche Menschen den Begriff Heimat für sich definieren und mit dem Verlust des Zuhauses umgehen“, so Weihbischof Brahm. Die Leser erleben Emmas Dazwischen-Sein, ihr Fremdfühlen an dem Ort, der ab nun ihr Zuhause sein soll. Die Jury empfiehlt das Buch für Jugendliche ab 13 Jahren.

Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis wird in diesem Jahr zum 31. Mal vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert. Der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), zeichnet die Preisträgerin am 27. Mai 2020 im Erbacher Hof in Mainz aus. Der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises gehören neben dem Juryvorsitzenden, Weihbischof Robert Brahm (Trier), Prof. Dr. Norbert Brieden (Wuppertal), Cornelia Klöter (Leipzig), Bettina Kraemer (Bonn), Susanne Kriesmer (Burgbrohl), Dr. Heidi Lexe (Wien), Dr. Klara Asako Sarholz (Bottrop), Prof. Dr. Markus Tomberg (Fulda), Elisabeth Wagner-Engert (Augsburg) und Anna Winkler-Benders (Frankfurt) an.

Jurybegründung:

„Home“. Der Begriff ist „so kurz wie ein Ausatmen“. Und in Irland auch „so wichtig wie Atmen“. Die deutsche Sprache hingegen nutzt ein zweisilbiges Wort: „Hei-mat“. Diese Zweisilbigkeit birgt bereits die Möglichkeit eines „Dazwischen“, wie Emma es formuliert. Denn in einem solchen Dazwischen findet Emma sich wieder, als sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern von Irland nach Deutschland zieht. An einen Ort, den andere längst verlassen haben und der Emma auf den ersten Blick entleert und peripher scheint: Velgow, ein fiktives Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Die Topografie spiegelt dabei die Entwurzelung Emmas ebenso wie all jene Gerüche und Gefühle, die der Ich-Erzählerin fremd erscheinen. Zuallererst jedoch spiegelt sich diese Fremdheit in der Sprache wider. So sagt Emma: „Ich bin in einem Deutsch gelandet, in dem ich mich immer wieder verlaufe.“

Ganz aus der Situation heraus schildert die Autorin in poetischen Bildern die Erlebnisse einer jugendlichen Figur, die über die unterschiedlichen Dimensionen von Heimat und Zugehörigkeit nachdenken lassen, ohne dabei reflexartig in Nationalismen zu verfallen. Denn Heimat ist für Emma und deren Familie eine Frage der identitätsstiftenden Verortung im eigenen Leben und damit ausdrücklich an familiäre, sprachliche und alltagskulturelle Erfahrungen gebunden. Dort, wo scheinbar längst alles dichtgemacht wurde, öffnen sich für Emma neue Möglichkeiten unerwarteter Beheimatung. Das „harte Brot“ der Illusion von Heimat weicht nach und nach jenen zwischenmenschlichen Gesten und Erfahrungen, mit denen ein Verstummen, Erstarren oder Überspielen der Gefühle in eine neue Dynamik zwischen Fremdheit und Vertrautheit mündet.

Die mit der neuen Situation überforderten Großeltern, Emmas Schwester Aoife, die aufgehört hat zu sprechen, Emmas Bruder Dara, der die Partygewohnheiten der Dorfjugend inhaliert, Emmas Mutter, die ihre Zeit am Kaffeehaustischchen des örtlichen Bäckers verbringt – sie alle machen in vielen kleinen, aber mit immenser sprachlicher Exaktheit geschilderten Beobachtungen sichtbar, woran sich die eigene Verlorenheit zeigt und wie durch minimale Verschiebungen letztlich doch Neu-Verortungen möglich werden. Ganz im Sinne der Tauferfahrung erlebt Emma dabei die Transformation ihrer scheinbar ausgetrockneten, brachliegenden Existenz.

Zur Autorin:

Susan Kreller, 1977 in Plauen geboren, studierte Germanistik und Anglistik und promovierte über deutsche Übersetzungen englischsprachiger Kinderlyrik. Sie lebt mit ihrer Familie in Bielefeld und arbeitet als freie Journalistin und Autorin. Susan Kreller ist Gewinnerin des Kranichsteiner Literaturstipendiums, wurde bereits dreimal für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und hat ihn 2015 für ihren Roman Schneeriese gewonnen.

Titelbild: Preisbuch des Katholischen Kinder- und Jugendpreises 2020: Elektische Fische von Susan Kreller (©Carlsen Verlag)