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Bundesregierung will sich nicht stressen lassen

Die Bundesregierung will in der Debatte um Atomkraftwerke den zweiten Stresstest abwarten.

In der Debatte um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke will die Bundesregierung sich nicht zu einer Entscheidung drängen lassen. Nachdem eine ersten Prüfung im März ergeben habe, dass der Weiterbetrieb der drei letzten deutschen Atomkraftwerke nicht nötig sei, laufe nun die zweite Untersuchung zur Sicherheit der Stromversorgung, sagte eine Regierungssprecherin am Montag. "Und jetzt warten wir das Ergebnis dieses sogenannten Stresstests ab."

Eine Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Prüfung sei am 17. Juli begonnen worden. Ein Ergebnis werde "in den nächsten Wochen" vorliegen. Einen genauen Termin konnte sie nicht nennen. Alle seien sich aber im Klaren, dass es Zeitdruck gebe "und dass mit Hochdruck gerechnet werden muss".

Die Union verlangte erneut eine schnelle Entscheidung, die deutschen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus am Netz zu behalten. Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte der "Bild"-Zeitung vom Montag, es müsse jetzt zügig gehen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) müsse alles tun, um die Energielücke im nächsten Winter zu schließen, sagte Frei. Dazu gehörten neben Energiesparen vor allem das Anheben der Deckelung bei der Energieerzeugung aus Biogas und längere Akw-Laufzeiten.

Die Grünen sind gegen längere Laufzeiten der Atomkraftwerke. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte aber Sonntagabend in der ARD-Talksendung "Anne Will", in einer wirklichen Notsituation könne darüber gesprochen werden, ob die Brennstäbe der laufenden Akw ausbrennen sollten, womit die Kraftwerke dann länger am Netz bleiben würden. Als eine solche Notsituation bezeichnete Göring-Eckardt, wenn etwa Krankenhäuser nicht mehr arbeiten könnten. Vor einem solchen sogenannten Streckbetrieb sollten aber weitere Maßnahmen geprüft werden.

Die Linkspartei lehnte dies hingegen ab. Der Streckbetrieb sei "nicht sinnvoll" und aus Sicherheitsgründen "nicht zu verantworten", sagte Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. Er kritisierte, dass die Grünen der erneuten Prüfung zum möglichen Akw-Weiterbetrieb überhaupt zugestimmt hätten. Er würde sich wünschen, dass die dafür nötige Kraft "lieber in den Ausbau der erneuerbaren Energien gesteckt wird".

Auch aus der SPD-Fraktion kam Skepsis. "Bislang sprechen die technischen, finanziellen und sicherheitsrelevanten Aspekte klar gegen jeden weiteren Betrieb deutscher Atomkraftwerke", sagte der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagausgaben). "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie mit unglaublichen Gefahren für Mensch und Umwelt." Die Sicherheitsüberprüfungen der verbleibenden Atommeiler lägen zudem 13 Jahre zurück.

Auch ein Sprecher des Bundesumweltministeriums verwies darauf, dass sonst periodisch vorgesehene, größere Sicherheitsüberprüfungen wegen des bevorstehenden Atomausstiegs nicht mehr erfolgt seien. Er verwies dabei auch auf offene Haftungsfragen. Die Betreiber wollten diese bei einem Weiterbetrieb jedenfalls nicht übernehmen.

mt/cha