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In Italien wird neu gewählt

Nach tagelangem politischen Tauziehen in Italien ist nun die Entscheidung gefallen:

Es muss neu gewählt werden. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi löste Präsident Sergio Mattarella am Donnerstag das Parlament auf und machte damit den Weg für Neuwahlen frei. Diese sollen nach Angaben aus Regierungskreisen am 25. September stattfinden. Als potenzielle Nachfolgerin Draghis gilt Umfragen zufolge die 45-jährige Neofaschistin Giorgia Meloni.

"Die politische Situation hat zu dieser Entscheidung geführt", sagte Mattarella in einer Fernsehansprache zur Auflösung des Parlaments. Es gebe keine Perspektiven mehr für stabile Mehrheitsverhältnisse. Zuvor hatte Draghi am Vormittag angesichts einer tiefen Krise in der Regierungskoalition seinen Rücktritt erklärt. Auslöser für diesen Schritt war die Weigerung von drei Koalitionsparteien, an einer Vertrauensabstimmung teilzunehmen.

Bei den nun anstehenden Neuwahlen werden einer sogenannten Mitte-Rechts-Koalition, die neben der konservativen Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi auch die beiden Rechtsaußen-Parteien Lega und Fratelli d'Italia (FDI) umfasst, die größten Chancen eingeräumt. Nach einer Umfrage kommt die neofaschistische FDI unter dem Vorsitz der Ex-Journalistin Meloni auf 24 Prozent der Stimmen. Dahinter liegen die Demokratische Partei (PD) mit 22 Prozent und die Lega des Populisten Matteo Salvini mit 14 Prozent. 

"Wir sind bereit", schrieb Meloni am Donnerstag auf Twitter. Sollte sie Draghis Nachfolge übernehmen, wäre sie die erste Frau auf diesem Posten. Meloni war im Alter von 31 Jahren vom damaligen Regierungschef Berlusconi zur jüngsten Ministerin des Landes ernannt worden. Später überwarf sie sich mit ihrem Mentor und gründete mit Verbündeten die Fratelli d'Italia.

FDI-Politiker haben in den Vergangenheit oft Stimmung gegen die EU gemacht. Die Partei tritt für eine Überarbeitung der EU-Verträge und für eine Neugründung der EU als Föderation souveräner Staaten ein. Mit ihrer deutlichen Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg distanzierte Meloni sich aber von anderen europäischen Rechtsaußen-Parteien.

Der 74 Jahre alte Draghi stand eineinhalb Jahre an der Spitze einer Regierung, die im Parlament von Parteien von links bis rechts außen getragen wurde. Er sollte Italien aus der Corona-Krise führen, die das Land besonders hart getroffen hatte. Die Mehrheit der Italiener unterstützte den ehemaligen Chef der Europäischen Zentralbank bis zuletzt und hätte sich Umfragen zufolge gewünscht, dass er bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im Amt geblieben wäre.

Draghis Regierung war aber in der vergangenen Woche in eine Krise gestürzt, als die an der Regierung beteiligte Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) ein Vertrauensvotum für Draghi im Senat boykottierte. Am Mittwoch hatte Draghi vor dem Senat ein letztes Mal versucht, das Vertrauen für seine Regierung zu erhalten. Er hatte die Parlamentarier um einen "neuen, ehrlichen und konkreten Vertrauenspakt" gebeten und seinen Verbleib im Amt von der damit verbundenen Abstimmung abhängig gemacht. 

Wenige Stunden später aber lehnten sowohl die M5S als auch die Forza Italia und die Lega die Teilnahme an einer erneuten Vertrauensabstimmung im Senat ab - und leiteten so das Aus der Regierung ein. Am Donnerstag erklärte Draghi dann seinen Rücktritt, anschließend löste Mattarella das Parlament auf.

jes/pe