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Weiterer Minister verlässt britische Regierung

Ein weiterer Minister hat die von Skandalen erschütterte Regierung des britischen Premierministers Boris Johnson verlassen:

Nordirland-Minister Brandon Lewis erklärte am Donnerstagmorgen seinen Rücktritt. Die Regierung habe den Punkt überschritten, an dem eine Umkehr noch möglich sei, schrieb Lewis in einem auf Twitter veröffentlichten Brief. "Ich kann nicht meine persönliche Integrität opfern, um die Dinge zu verteidigen, wie sie jetzt sind", betonte der scheidende Minister. Das Land und die konservative Partei "verdienen etwas Besseres".

Seit Dienstagabend befindet sich die britische Regierung in Auflösung, mehr als 50 Minister und andere Regierungsmitglieder sind bereits aus Protest gegen Premierminister Johnson zurückgetreten. Johnson lehnt einen Amtsverzicht dennoch bislang ab; laut einem Bericht der "Sun" sagte er Kabinettsmitgliedern, sie müssten ihre Hände "mit Blut" besudeln, um ihn aus dem Regierungssitz heraus zu bringen. Stattdessen entließ er seinen Bauminister und langjährigen wichtigen Wegbegleiter Michael Gove, der ihm Berichten zufolge als Erster einen Rücktritt in Interesse des Landes und der konservativen Tory-Partei nahegelegt hatte.

Der jetzt zurückgetretene Lewis gehört zu einer Ministerdelegation, die Johnson am Mittwochabend bei einem Krisentreffen in der Downing Street zum Aufgeben bewegen wollte. Lewis' Amtsvorgänger Julian Smith sagte am Donnerstag der BBC, Johnsons hartnäckiges Festhalten an seinem Posten stürze das Land in eine Verfassungskrise. Der Premier handele im "Trump-Stil", sagte er in Anspielung auf die Versuche des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump, an der Macht zu bleiben.

Lewis selbst schrieb, eine "anständige und verantwortungsvolle Regierung" müsse auf "Ehrlichkeit, Integrität und gegenseitigem Respekt basieren". Diese Werte würden seiner Ansicht nach in der derzeitigen Regierung "nicht mehr verteidigt".

Johnson und seine Regierung waren in den vergangenen Monaten durch eine ganze Reihe von Skandalen in die Schlagzeilen geraten. Neben einer Spendenaffäre wogen Skandale um sexuelle Übergriffe durch Parteikollegen und um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns besonders schwer. 

Anfang Juni überstand Johnson nur knapp ein parteiinternes Misstrauensvotum. Ein einflussreicher Ausschuss namens "1922 Committee" aus Tory-Abgeordneten ohne Regierungsamt könnte die Partei-Regeln Berichten zufolge kommende Woche ändern und den Weg für ein zweites Misstrauensvotum gegen Johnson frei machen.

gt/cp