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Trauerfeier für Opfer des Anschlags von Hanau

Laut eines Polizeisprechers verfolgten an beiden Orten rund 2000 Menschen die Gedenkfeier unter dem Motto "Die Opfer waren keine Fremden!".


In einer bewegenden Trauerfeier und unter hohen Sicherheitsvorkehrungen haben in Hanau am Mittwochabend geladene Gäste und Bewohner der Stadt der Opfer des rassistischen Anschlags vom 19. Februar gedacht. Unter den Teilnehmern der zentralen Trauerfeier waren unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Trauerfeier wurde auf dem Marktplatz und dem Freiheitsplatz übertragen. Laut eines Polizeisprechers verfolgten an beiden Orten rund 2000 Menschen die Gedenkfeier unter dem Motto "Die Opfer waren keine Fremden!".

Steinmeier rief in seiner Rede zu mehr Engagement gegen Hass und Hetze auf. Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland sei gegen Ausgrenzung und Ressentiments, sagte Steinmeier in der hessischen Stadt. "Aber es reicht nicht, zu wissen, dass man in der Mehrheit ist", ergänzte er. Das Schweigen von vielen dürfe nicht zur Ermutigung für wenige werden. Die Mehrheit müsse sich im Verein, am Stammtisch oder im Stadion immer wieder zeigen. 

Der Bundespräsident warnte davor, denen auf den Leim zu gehen, "die uns zu spalten versuchen mit dem simplen Schema  'wir gegen die'". Denn Menschen in Gruppen zu zwingen und ihnen somit ihre Einzigartigkeit zu nehmen, sei die Logik von Terror und Hass.

Ministerpräsident Bouffier sagte in seiner Trauerrede Hass und Hetze den Kampf an. "Wir alle wollen und müssen alles tun, damit alle Menschen in unserem Land ohne Angst leben können", sagte er. Die Botschaft sei: "Wir lassen uns nicht spalten." Rassismus sei ein Gift, das manchmal unbedacht, aber auch immer wieder offen zu Tage trete. "Aus Worten des Hasses entstehen Taten des Hasses", sagte Bouffier. Er rief dazu auf, wachsam und nicht gleichgültig zu sein. Auch dürfe kein Verständnis für Rassismus gezeigt werden. "Das sind wir den Opfern und ihren Familien schuldig." Für sie werde das Leben nie wieder so sein, wie es war.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sprach von der jahrhundertealten Tradition der Stadt im Zusammenleben der unterschiedlichsten Menschen. "Sie alle haben diese Stadt mitgeprägt, sie alle gehören zu dieser Stadt, sie alle sind Hanauer", sagte er. Kaminsky versicherte, die Opfer des Anschlags würden "unauslöschbar zu unserem kollektiven Gedächtnis unserer Stadt gehören". Er kündigte an, für die Toten eine Gedenkstätte zu errichten.

Im Mittelpunkt der Trauerfeier standen die Opfer und ihre Angehörigen. Die Schwester eines Getöteten sagte unter Tränen, dass sie keinen Hass empfinde. "Ich möchte deutlich machen, dass Hass den Täter zu seiner rassistischen Tat getrieben hat", sagte sie. Hass und Rassismus lägen nahe beieinander. Sie wolle, dass sich alle von Hass abgrenzen. "Deutschland ist unsere Heimat", sagte sie. Ihr Bruder sei völlig unerwartet aus der Mitte ihrer Familie gerissen worden. Zurückgeblieben seien "grenzenloser Schmerz, unfassbare Leere und Fassungslosigkeit". 

Im Anschluss an die Reden legten Politiker und Angehörige in Stille Blumen für die Opfer nieder. Auch rund um den Tatort am Heumarkt lagen zahllose Blumen und Kerzen.

Bereits am frühen Nachmittag sicherte ein Großaufgebot der Polizei die Innenstadt. Am Mittag hatten bundesweit Menschen der Opfer mit einer Schweigeminute gedacht. Dazu aufgerufen hatten mehrere Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.

Die geladenen Trauergäste schritten am Abend über einen schwarzen Teppich. Der Saal selbst war mit weißen Rosen dekoriert. Zu Beginn der Trauerfeier sang Popsängerin Cassandra Steen ein Lied für die Opfer. An sie gewandt sagte Ministerpräsident Bouffier: "Die Tränen in den Augen des Publikums sind heute ihr Applaus."

ald/ck

Annalena DÖRNER / © Agence France-Presse