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Die Nato reagiert

Die Nato entgegnet der russischen "Bedrohung" mit mehr Truppen und einer neuen Strategie.

Mit deutlich mehr einsatzbereiten Truppen und einer neuen Strategie reagiert die Nato auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Staats- und Regierungschefs der Militärallianz billigten am Mittwoch auf ihrem Gipfel in Madrid ein neues strategisches Konzept, in dem Russland als "direkte Bedrohung" bezeichnet wird. Die Zahl der einsatzbereiten Soldaten soll sich auf mehr als 300.000 nahezu verachtfachen. Der Gipfel brachte auch den Nato-Betritt Finnlands und Schwedens auf den Weg.

Russland sei die "größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum", heißt es in der offiziellen deutschen Übersetzung der neuen Strategie. Später heißt es, die Nato könne "die Möglichkeit eines Angriffs" auf Alliierte nicht ausschließen. Das 16-seitige strategische Konzept löst einen Text von 2010 ab, in dem Russland noch eine "Partnerschaft" mit Moskau anstrebte.

Zur Abschreckung und Verteidigung billigten die Nato-Staaten ein neues Truppenmodell. Ab dem kommenden Jahr sollen mehr als 300.000 Truppen einsatzbereit sein, bisher waren es rund 40.000. Zudem will die Nato mehr Soldaten im östlichen Bündnisgebiet stationieren. Als Vorbild verwies Stoltenberg auf die geplante deutsche Kampfbrigade in Litauen mit bis zu 5000 Soldaten aus verschiedenen Ländern. 

US-Präsident Joe Biden kündigte auf dem Gipfel tausende Soldaten zusätzlich für Europa an. Rund 5000 US-Kräfte sollen in Rumänien stationiert werden, das eine mehr als 600 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine hat. In Deutschland und Italien sollen zusätzliche Luftstreitkräfte stationiert werden, in Spanien Zerstörer der US-Marine. Die Nato werde "jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen", unterstrich Biden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bezeichnete den Ukraine-Krieg auf dem Gipfel als die größte Herausforderung für die Nato "seit dem Kalten Krieg". Das Land könne sich "so lange wie nötig" auf die Allianz verlassen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versicherte auf dem Gipfel, die Waffenlieferungen an die Ukraine würden fortgesetzt. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in einer Videorede auf dem Gipfel erneut "viel modernere Systeme, moderne Artillerie". Deutschland und die Niederlande hatten Kiew zuvor insgesamt sechs zusätzliche Panzerhaubitzen vom Typ 2000 zugesagt, Norwegen will drei Mehrfachraketenwerfer liefern.

China wird in der neuen Nato-Strategie erstmals erwähnt: "Die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte vor Herausforderungen", heißt es in der offiziellen deutschen Übersetzung. Die USA und Großbritannien wollten China ursprünglich als "Risiko" oder sogar "Gefahr" brandmarken. Unter Rücksichtnahme auf die Wirtschaftsbeziehungen von Ländern wie Deutschland und Frankreich mit China wurde die Formulierung aber abgeschwächt.

Darüber hinaus brachte die Nato den Beitritt Finnlands und Schwedens auf den Weg. Die Staats- und Regierungschefs sprachen die offizielle Einladung für die beiden Länder aus. Die Türkei hatte zuvor nach wochenlangen Verhandlungen ihren Widerstand gegen die Norderweiterung der Allianz aufgegeben.  

Im Gegenzug forderte die Türkei von Schweden und Finnland die Auslieferung von 33 "Terrorverdächtigen", darunter Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Geschieht dies nicht, könnte Ankara theoretisch die nötige Ratifizierung der Beitrittsprotokolle noch blockieren.

Stoltenberg äußerte die Hoffnung, dass die Parlamente aller 30 Nato-Länder "so schnell wie möglich" die Protokolle billigen. In Deutschland könnte das Gesetz nach Berliner Angaben noch vor der Sommerpause beschlossen werden.

Am Mittwochnachmittag kamen die Nato-Länder mit den Spitzen Finnlands und Schwedens sowie Partnern wie Australien und Neuseeland zusammen. Japan und Südkorea nahmen erstmals an einem Nato-Gipfel teil.

lob/ju