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Narrenfreiheit im Nahen Osten: Skylla und Charybdis

Die dritte Parlamentswahl binnen eines Jahres in Israel hat begonnen. Es droht ein Patt zwischen zwei Rivalen zu werden, welche die Zukunft des Nahen Osten bedrohen.


Ein Bild was an den sozialistischen Bruderkuss erinnert, ist alles andere als amüsant: Rund 6,4 Millionen israelische Wahlberechtigte dürfen am heutigen Montag den Gang zur Wahlurne beschreiten. Es wird das Parlament gewählt. Zum dritten Mal in diesem Jahr. Zur Erinnerung: Es ist erst einmal März. Diese Wahl gestaltet sich als äußert schwierig, nicht nur weil in den letzten Wahlen keine Regierung gebildet wurde. Das Problem liegt ebenso bei den beiden prominentesten Anwärtern. 

Auf der einen Seite steht der wegen Korruption angeklagte amtierende Regierungschef Bibi Netanjahu. In zwei Wochen wird das Korruptionsverfahren um den 70-jährigen beginnen. Der Vorsitzende der Likud-Partei kann durchaus als konservativ, rechtsgerichtet und gar rassistisch gelten. Was könnte das besser darstellen, als Wahlkampfplakate zusammen mit Donald Trump, ein enger Freund Bibis. 

Auch Trumps Schwiegersohn, Jared Kushner, steht Netanjahu nahe. Dieser hatte Ende Januar eine Zweistaatenlösung vorgeschlagen, die weder von zwei autonomen Staaten handelte noch eine Lösung war und so für Entsetzen in der arabischen Welt sorgte. Diese US-Regierung macht klar: Israel hat Narrenfreiheit im Nahen Osten.  

Wem das ein bisschen Angst macht, der hat die Rechnung ohne Bibis wichtigsten Rivalen Benny Gantz und dessen Blau-Weiß-Bündnis gemacht. Gantz selbst ist ein Militär, dem es vor allem um die Sicherheit der von Israel eroberten und annektierten Gebiete geht. Deshalb hat er geschworen, Trumps sogenannten Friedensplan umgehend nach einem möglichen Wahlsieg umzusetzen. Das würde besonders Palästinenser in ihrer bereits prekären Lage weiter ihrer Freiheit berauben. Paradoxerweise sind ebenso die israelischen Siedler, welche die ohnehin problematischen Grenzverlauf des Staates Israels aus religiös-historischen Fundamentalismus ablehnen, mit dem Plan unzufrieden. Der Plan stellt sich hinter die umstritten Siedlungen, aber er würde eben auch einen Palästinensischen Staat vorsehen. Aus Sicht der Siedler ist das inakzeptabel auf dem Boden, der ihnen gehört.

Laut jüngsten Umfragen lagen beiden Lager gleichauf, nach den letzten beiden Wahlen war eine Regierungsbildung gescheitert. Eine Mehrheit für wohl weder für Netanjahu noch Gantz erreicht werden. Der oft als einzige Demokratie im Nahen Osten bezeichnete Staat droht als solcher nicht mehr mit guten Gewissen genannt werden zu dürfen. Schon Odysseus hatte die Wahl zwischen den Meeresungeheuern Skylla und Charybdis. Israel wird sich wohl erneut für beide entscheiden. 

 

dja/© Agence France-Presse/ Geschrieben von Flo.