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Stadt in zwei Hälften

Russische Truppen haben die Stadt Sjewjerodonezk in der Ukraine zur Hälfte erobert.

Bei ihrer Offensive in der Ostukraine haben die russischen Truppen die Stadt Sjewjerodonezk nach Behördenangaben zur Hälfte erobert. "Leider teilt die Front die Stadt in zwei Hälften", sagte Bürgermeister Olexander Stryuk am Dienstag. Die ukrainische Armee leiste aber weiterhin Widerstand. Die ukrainische Justiz verhängte derweil Haftstrafen gegen zwei russische Soldaten wegen Raketenangriffen auf zivile Einrichtungen. Moskau meldete den Fund von 152 Leichen ukrainischer Kämpfer im Asow-Stahlwerk in Mariupol.

Sjewjerodonezk werde weiterhin von der ukrainischen Armee verteidigt, sagte Bürgermeister Stryuk. "Die Stadt ist immer noch ukrainisch." Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, hatte die Lage in Sjewjerodonezk zuvor als "äußerst kompliziert" bezeichnet. Er räumte ebenfalls ein, dass ein Teil der Stadt von der russischen Armee kontrolliert werde.

Die durch einen Fluss getrennten Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind die letzten Städte in der Region Luhansk, die zumindest teilweise noch von der Ukraine kontrolliert worden. Sjewjerodonezk ist schon seit Wochen heftig umkämpft. Am Montag waren russische Soldaten und Kämpfer der pro-russischen Separatisten nach Angaben des Gouverneurs auf das Stadtzentrum vorgerückt.

Die Stadt, die vor dem Krieg 100.000 Einwohner hatte und in der nun schätzungsweise noch 15.000 Zivilisten ausharren, ist bereits schwer zerstört. Bürgermeister Stryuk schlug bereits wegen der humanitären und sanitären Lage Alarm. "Ständige Bombenangriffe" erschwerten vor allem die Versorgung mit Trinkwasser.

Auch in anderen Teilen des Donbass setzte die russische Armee ihre Angriffe fort. In der rund 80 Kilometer westlich von Sjewjerodonezk gelegenen Stadt Slowjansk wurden bei einem nächtlichen Raketenangriff mindestens drei Menschen getötet und sechs weitere verletzt, wie der Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, mitteilte. Er rief die Bewohner der Region zur Evakuierung auf. "Ich wiederhole noch einmal, dass es in der Region Donezk keine sicheren Orte gibt", schrieb er auf Telegram.

Bei Kämpfen in der Region Cherson in der Südukraine war es den ukrainischen Streitkräften nach Armeeangaben hingegen am Montag gelungen, die russischen Truppen in der Nähe der Dörfer Andrijiwka, Losowe und Bilohirka zurückzudrängen.

Derweil wurde ein weiteres Urteil gegen russische Soldaten in der Ukraine gefällt. Die Soldaten Alexander Bobykin und Alexander Iwanow wurden am Dienstag wegen Raketenangriffen auf zivile Einrichtungen in zwei Dörfern der ostukrainischen Region Charkiw zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Laut Interfax-Ukraine bekannten sich die beiden Soldaten in dem Verfahren schuldig. Ihre Verteidigung habe vergeblich eine mildere Strafe verlangt und dabei argumentiert, dass die Angeklagten Befehle befolgt und unter Zwang gehandelt hätten.

Es handelte sich um den zweiten Urteilsspruch im Ukraine-Krieg gegen russische Soldaten. In der vergangenen Woche war bereits ein russischer Soldat wegen Kriegsverbrechen während der am 24. Februar von Moskau begonnenen Invasion zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die ukrainischen Behörden führen nach eigenen Angaben tausende Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen.

Die russische Armee meldete unterdessen den Fund von mehr als 150 Leichen in dem wochenlang umkämpften Asow-Stahlwerk in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die 152 getöteten "Kämpfer und Soldaten der ukrainischen Streitkräfte" seien in einem Kühltransporter gefunden worden, dessen Kühlsystem ausgefallen sei, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Russland sei bereit, die Leichen der Ukraine zu übergeben.

Unter den Leichen seien vier Minen platziert worden, erklärte das Ministerium und fügte hinzu, von der Ukraine keine Anfrage zur Bergung der Kämpfer erhalten zu haben. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben nicht überprüft werden.

Die letzten ukrainischen Kämpfer im Mariupol hatten sich zwischen dem 16. und 20. Mai ergeben, nachdem sie wochenlang in dem Tunnelsystem auf dem Gelände des Asow-Stahlwerks ausgeharrt hatten. Rund 2500 ukrainische Kämpfer befinden sich seitdem in russischer Gefangenschaft. Sie sollen womöglich als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden.

 

bfi/cp

 

© Agence France-Presse