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Ein unsichtbarer Schatz

Das Grundwasser ist die wichtigste Süßwasserressource für den Menschen, doch der Druck auf die Vorkommen steigt.

Die größten Süßwasservorkommen weltweit liegen unsichtbar im Untergrund. Ohne sie wäre menschliches Leben kaum denkbar. Grund genug über das Wasser sprechen, das unbemerkt unter unseren Füßen fließt: das Grundwasser.

Fangen wir global an: Nur drei Prozent der Wasservorräte der Erde bestehen aus Süßwasser; der Rest ist Salzwasser. Vom Süßwasser liegt nur 0,3 Prozent als Oberflächenwasser in Flüssen und Seen vor. Mehr als 69 Prozent des Süßwassers tritt fest gebunden in Gletschern und Eiskappen auf. Der Rest des Süßwassers bildet Grundwasser. Damit stellt das Grundwasser die wichtigste Quelle für die Süßwasserversorgung der Menschen dar. Allerdings kann nur ein kleiner Teil des Grundwassers von uns genutzt werden. So ist in Deutschland die Trinkwasserversorgung vom Grundwasser abhängig, denn etwa 60 Prozent unseres Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen.

Aber wie muss ich mir Grundwasser überhaupt vorstellen? Dort, wo Grundwasser vorkommt, füllt es die unterirdischen Hohlräume der Erde vollständig aus. Es befindet sich in Poren oder Klüften des Gesteins im Untergrund oder in kleineren Höhlen. Die Art der Hohlräume ist vom vorliegenden Gestein abhängig. In lockeren Sand-Kies-Ablagerungen (zum Beispiel Münsterländer Kiessandzug) durchströmt viel Grundwasser gleichmäßig und langsam die offenen Porenhohlräume. In einem verfestigten, gut geklüfteten und leicht verkarsteten Kalkmergelgestein (zum Beispiel in den Baumbergen) durchströmt eher weniger Grundwasser mit viel größerer Fließ-Geschwindigkeit die verbundenen und ausgewaschenen Kluft-Hohlräume. Dies hat aber nichts mit Wasseradern zu tun, an die viele Menschen glauben; denn das Netz aus feinen Klüften liegt zumeist regelmäßig und engmaschig im Untergrund vor.

Wie entsteht das Grundwasser? Wenn es regnet und große Teile vom Regen im Untergrund versickern, findet eine Grundwasserneubildung statt. Bei einem Grundwasserkörper, dessen Grundwasseroberfläche sich knapp unterhalb der Erdoberfläche befindet, passiert dies relativ schnell, und der Grundwasserkörper kann aufgefüllt werden. Viel länger dauert dies bei Grundwasserkörpern, die tiefer liegen. Der überwiegende Teil des neu gebildeten Grundwassers tritt nach unterschiedlich langen Fließwegen und Fließzeiten im Untergrund an Quellen und Oberflächengewässern wieder oberirdisch aus oder wird aktiv von uns Menschen an die Oberfläche befördert.

Autorin Dr. Patricia Göbel ist Privatdozentin am Institut für Geologie und Paläontologie. Sie forscht unter anderem zum Regen- und Grundwassermanagement / © Tim BohrWarum ist es so wichtig, sich mit dem Grundwasser zu beschäftigen? Da Extremereignisse wie Trockenheit und Hitze auch in unserer Region zunehmen werden, nimmt die Grundwasserneubildung ab – die Ressource Grundwasser wird knapp. Auch Starkregenereignisse, die zumeist nur lokal auftreten, kommen dem Grundwasser nicht zugute; der überwiegende Teil fließt oberirdisch ab und führt eher zu Hochwasserwellen entlang der Gewässer. Münsters leichter dauerhafter Nieselregen trägt hingegen viel besser zur Grundwasserneubildung bei (bitte denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal mit dem Fahrrad zur Uni fahren und dabei über den Regen schimpfen). Aufgrund der sinkenden Grundwasserstände – manchmal reichen schon wenige Dezimeter – tritt auch immer weniger Grundwasser an Quellen und entlang der Flüsse in die Oberflächengewässer aus, so dass diese in langen Trockenphasen schon früher im Jahr und über längere Zeiträume austrocknen können. Die Landwirtschaft hat ebenfalls mit immer längeren Trockenperioden auch in unserer Region zu kämpfen. So steigt die Anzahl der Anträge aus der Landwirtschaft, Grundwasser für Bewässerungszwecke entnehmen zu dürfen, und damit der Druck auf die Ressource Grundwasser.

Aber auch qualitative Beeinträchtigungen von Grundwasser spielen eine große Rolle. Mit dem versickernden Regenwasser werden verschiedene Stoffe in das Grundwasser eingetragen. Dies hängt gut nachvollziehbar von der Nutzung der Geländeoberfläche ab und variiert über die Zeit und über die Fläche sehr stark. Über diesen Aspekt könnte man einen weiteren Artikel schreiben.

Letztlich besteht der Grundwasserraum nicht nur aus Gestein und Wasser mit all seinen Inhaltsstoffen; er ist ebenso ein sensibler Lebensraum für Grundwasserorganismen. Im Grundwasser leben kleinste, augenlose und transparente Grundwassertiere, deren Energiehaushalt sich auf konstantes, etwa zehn Grad kaltes Wasser mit wenig Sauerstoff und wenig Nahrung eingestellt hat und die damit mehrere Jahre alt werden. Die artenreichste Gruppe stellen Krebstiere dar. Sie befinden sich in einer Lebensgemeinschaft mit verschiedenen Bakterien, Einzellern und Viren. Das Ökosystem Grundwasser übernimmt für uns Menschen eine sehr wichtige Ökosystem-Dienstleistung. Nur ein Grundwasserraum in einem guten ökologischen Zustand kann das Grundwasser unterirdisch in der Form aufbereiten und reinigen, dass wir es als Trinkwasser nutzen können. Bei einem Grundwasserraum mit größeren Abweichungen vom guten ökologischen Zustand müssten wir Menschen die kosten- und ressourcenintensive technische Aufbereitung des geförderten Grundwassers übernehmen.

Wenngleich der mengenmäßige und chemische Zustand des Grundwassers über Verordnungen in den Blick genommen und kontrolliert wird, gibt es bisher keine gesetzlichen Grundlagen für den ökologischen Zustand des Grundwassers. Insofern gibt es mit Blick auf unser Grundwasser und unser Grundwasserökosystem reichlich Forschungsbedarf.


WWU

Foto: Nur drei Prozent der Vorräte der Erde bestehen aus Süßwasser / © Elias Kauerhof / Unsplash