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Die Seuche und das Staatsversagen

Wachsende Angst vor Pandemie durch neuartiges Coronavirus.


Nach weiteren Todes- und Infektionsfällen in Italien und ersten Infektionen in einigen weiteren Ländern weltweit wächst die Angst vor einer Pandemie durch das neuartige Coronavirus aus China. Italien meldete bis Montag fünf Todesfälle, Afghanistan, Bahrain, Kuwait und der Irak bestätigten erste Infektionen. China ergriff weitere drastische Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Die Länder des Schengenraums planen dennoch keine Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen.

Italien ist binnen kurzer Zeit zum größten Herd des neuartigen Virus in Europa geworden: Seit Freitag starben dort nach Behördenangaben fünf mit dem Virus infizierte Menschen, bei mehr als 200 Menschen wurden bis Montag Infektionen nachgewiesen. Bei allen Todesopfern handelte es sich um ältere Menschen, viele von ihnen litten bereits unter Vorerkrankungen. 

Die meisten Infektionen wurden in der norditalienischen Region Lombardei gemeldet, von dort stammen auch vier der fünf Todesopfer. Außerdem sind Venetien, das Piemont, die Emilia-Romagna sowie Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien betroffen. Sie grenzen teilweise an Frankreich, Österreich, die Schweiz oder Slowenien. 

Seit dem ersten Todesfall am Freitag ergriffen die italienischen Behörden drastische Maßnahmen gegen das Virus. Elf Ortschaften, zehn in der Lombardei und eine in Venetien, wurden abgeriegelt. Der Karneval in Venedig wurde abgebrochen, andere Großveranstaltungen wurden abgesagt. Schulen in den betroffenen Regionen bleiben vorerst geschlossen ebenso wie viele Lokale und Kinos.

Der Regionalpräsident der Lombardei, Attilio Fontana, warnte ebenso wie Mailands Bürgermeister Beppe Sala vor Panikkäufen. Es gebe genügend Nachschub, versicherten sie. In Mailand, der Hauptstadt der Lombardei, war die U-Bahn am Montag zur Hälfte leer, auch die berühmte Scala und der Dom blieben geschlossen.

Trotz der wachsenden Sorge vor dem Virus planen die 26 Staaten des Schengenraums nach Angaben der EU keine Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen. Die Grenzen zu Italien blieben zunächst weiter offen.

Allerdings führte die Viruskrise in Italien in der Nacht zum Montag zu stundenlangen Verspätungen: Nachdem bei zwei deutschen Reisenden in einem Eurocity aus Venedig nach München zwischenzeitlich der Verdacht auf den Erreger aufgekommen war, schlossen die österreichischen Behörden den Zugverkehr über die Brenner-Route. Der Verdacht bei den beiden Frauen bestätigte sich jedoch nicht, der Zugverkehr wurde wieder freigegeben. 

Auf Mauritius mussten mehrerePassagiere einer Alitalia-Maschine aus Rom an Bord bleiben, die aus den am schwersten betroffenen italienischen Regionen stammten. In Lyon im Südosten Frankreichs wurden die Passagiere eines Busses aus Mailand am Aussteigen gehindert, nachdem der Fahrer ähnliche Symptome wie bei einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus gezeigt hatte. 

China, wo die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben bis Montag um weitere 150 auf insgesamt 2592 stieg, reagierte mit weiteren drastischen Maßnahmen. Wegen der Epidemie wurde die für Anfang März geplante Sitzung des Nationalen Volkskongresses verschoben - zum ersten Mal seit der Kulturrevolution. 

Der Verkauf und Verzehr von Wildtieren wurde zudem komplett untersagt. Es wird vermutet, dass der Erreger auf einem Markt in der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan von einem Wildtier auf den Menschen übergegangen war.

Inzwischen hat sich das Virus auf rund 30 Länder ausgebreitet: Afghanistan, Bahrain, Kuwait und der Irak meldeten am Montag erste Infektionsfälle. Der größte Herd des Virus außerhalb von China bleibt Südkorea. Dort stieg die Zahl der bestätigten Infektionen bis Montag um weitere 161 auf 763

Im Iran stieg die Zahl der Todesopfer von acht auf zwölf, insgesamt 64 Menschen infizierten sich nach Behördenangaben. Ein Abgeordneter der besonders betroffenen Stadt Kom warf der Regierung in Teheran vor, "nicht die Wahrheit" über das tatsächliche Ausmaß der Epidemie zu sagen. Einer iranischen Nachrichtenagentur zufolge sprach er von "50 Toten" allein in Kom.

ans/yb

 © Agence France-Presse