Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Evakuiert aber nicht sicher

Mehr als 260 ukrainische Soldaten wurden aus dem Mariupoler Stahlwerk evakuiert.

Aus dem seit Wochen von Russland belagerten Stahlwerk in Mariupol sind mehr als 260 ukrainische Soldaten evakuiert und in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht worden. 53 Schwerverletzte seien zur Behandlung nach Nowoasowsk und 211 weitere Soldaten nach Oleniwka gebracht worden, erklärte das ukrainische Verteidigungsministerium am Montagabend. Die Bemühungen zur Evakuierung der verbliebenen Soldaten sollten nach ukrainischen Angaben am Dienstag fortgesetzt werden.

Nowoasowsk und Oleniwka liegen in Gebieten unter Kontrolle des russischen Militärs. Die Soldaten sollen zu einem späteren Zeitpunkt "ausgetauscht" werden, wie die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar in einer Videobotschaft sagte. Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar haben Kiew und Moskau bereits mehrere Gefangenenaustausche vorgenommen.

Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor am Montag eine Waffenruhe in Mariupol verkündet, um verletzte ukrainische Soldaten aus dem Stahlwerk des Konzerns Asow-Stahl zu holen. Moskau hatte "medizinische Einrichtungen" in Nowoasowsk als Ziel der Evakuierungsaktion genannt.

"Wir hoffen, dass wir das Leben unserer Jungs retten können", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft. "Ich möchte unterstreichen: Die Ukraine braucht ihre ukrainischen Helden lebend. Das ist unser Prinzip."

Das Asow-Stahlwerk ist die letzte Bastion der ukrainischen Armee in der strategisch wichtigen Hafenstadt. In den vergangenen Wochen waren zunächst hunderte Zivilisten aus dem riesigen Industriekomplex in Sicherheit gebracht worden. Rund 1000 ukrainische Soldaten, darunter 600 Verletzte, hielten sich weiterhin in den Tunnelsystemen auf, wie die ukrainischen Behörden in der vergangenen Woche mitteilten. 

Der Generalstab der ukrainischen Armee erklärte in der Nacht zum Dienstag, die Soldaten hätten "ihren Kampfauftrag erfüllt". Die Kommandeure hätten den Befehl, "das Leben" der verbliebenen Soldaten zu "retten". 

Die Regierung werde "alle notwendigen Rettungsmaßnahmen" zur Befreiung der verbliebenen "Verteidiger" auf dem Gelände von Asow-Stahl ergreifen, erklärte das ukrainische Verteidigungsministerium auf Telegram. Dem Generalstab zufolge hatte der erbitterte Widerstand der Soldaten in Mariupol den Vormarsch der russischen Streitkräfte auf die Großstadt Saporischschja, die sich nach wie vor in ukrainischer Hand befindet, entscheidend verlangsamt.

Russland setzte seinen Beschuss in der Nacht zu Dienstag im ganzen Land fort. In den frühen Morgenstunden waren vielerorts Luftsirenen zu hören. Ein Sprecher der Militärverwaltung in der westukrainischen Stadt Lwiw erklärte, an der Grenze zu Polen sei militärische Infrastruktur getroffen worden. 

Auch aus Odessa und Mykolajiw im Süden des Landes meldete die ukrainische Armee Beschuss. Sie beschuldigte die russischen Streitkräfte auf Facebook, im Zentrum von Mykolajiw wahllos Streumunition eingesetzt zu haben. 

Am Montag war es den ukrainischen Truppen nach Angaben Kiews nach einer Gegenoffensive gelungen, die Gebiete nördlich der Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes zurückzuerobern. Russland ziehe seine Einheiten aus der Region ab und verlege sie für eine neue Offensive Richtung Luhansk in den Donbass, sagte der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch.

Ein Ziel der russischen Truppen ist es nach Angaben Kiews, die Regionalhauptstadt Sewerodonezk einzukesseln. Durch die Einnahme von Sewerodonezk würde der Kreml die De-facto-Kontrolle über die Region Luhansk erlangen.

Die Stadt wurde am Montag nach Angaben des Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, "ohne Unterlass" bombardiert. Dabei seien mindestens zehn Menschen getötet worden, erklärte Gajdaj auf Telegram. Der Gouverneur der angrenzenden Region Donezk, Pawo Kyrylenko, meldete neun getötete und 16 verletzte Zivilisten durch dortige russische Angriffe.

noe/bfi


David STOUT / © Agence France-Presse