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EU und USA kritisieren israelischen Polizeieinsatz

Als Abu Aklehs Sarg aus einem Krankenhaus im von Israel annektierten ...

Der israelische Polizeieinsatz während der Bestattung der erschossenen Al-Dschasira-Reporterin Schirin Abu Akleh in Jerusalem ist von den USA und der EU scharf kritisiert worden. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich am Wochenende "zutiefst erschüttert". Bei dem Einsatz waren am Freitag mehr als 30 Menschen verletzt worden. Der Chef der israelischen Polizei ordnete eine Untersuchung des Einsatzes an. 

Als Abu Aklehs Sarg aus einem Krankenhaus im von Israel annektierten Ost-Teil Jerusalems herausgetragen worden war, waren israelische Polizisten auf Teilnehmer des Trauerzugs zugestürzt, um palästinensische Fahnen zu konfiszieren. Der Sarg mit der getöteten Journalistin stürzte fast zu Boden.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sprach von "zutiefst verstörenden" Bildern. US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich "zutiefst beunruhigt". 

Blinken telefonierte nach Angaben seines Ministeriums am Samstag während seines Fluges zu einem Nato-Treffen in Berlin mit der Familie der Journalistin. Der Minister habe den Angehörigen sein "tiefes Beileid" ausgedrückt und ihnen Unterstützung durch die US-Botschaft in Jerusalem zugesagt. Die Palästinenserin Abu Akleh war auch US-Staatsbürgerin.

Die EU zeigte sich in einer Erklärung "entsetzt" über die Vorfälle während des Trauermarschs und verurteilte die "unverhältnismäßige Gewalt" und das "respektlose Verhalten" der Polizisten. Auch UN-Generalsekretär António Guterres reagierte "zutiefst beunruhigt". UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet nannte die Szenen "schockierend".

Baerbock nannte es "traurig", dass die Bestattung "nicht in Frieden und in Würde stattfinden konnte". Die israelische Polizei teilte unterdessen mit, ihr Chef habe in Abstimmung mit dem Minister für öffentliche Sicherheit angeordnet, den Einsatz während des Trauerzugs zu untersuchen.

Die 51-jährige Abu Akleh war von einer Kugel im Kopf getroffen worden. Die palästinensische Christin gehörte zu den bekanntesten Journalistinnen des arabischen Senders Al-Dschasira und genoss in der palästinensischen Bevölkerung hohes Ansehen.

Zu Abu Aklehs Beerdigung in ihrer Geburtsstadt Jerusalem kamen tausende Menschen. Aufnahmen des Senders Palestine TV zeigten, dass der Sarg beinahe zu Boden fiel, als die Polizisten die Menschen auseinander trieben. 33 Menschen wurden nach Angaben des Rettungsdienstes Roter Halbmond verletzt. 

Weiterhin ungeklärt ist, wer den tödlichen Schuss auf die Reporterin abfeuerte. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte am Freitag in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung den gewaltsamen Tod der Journalistin und forderte "eine sofortige, gründliche, transparente und unparteiische Untersuchung". Einstimmige Entscheidungen des Gremiums sind selten. 

Israel und die Palästinenser hatten sich zunächst gegenseitig für den Tod Abu Aklehs verantwortlich gemacht. Später räumte Israel aber ein, dass die Journalistin durch einen Schuss von israelischer Seite getötet worden sein könnte. In einem Zwischenbericht zu den Ermittlungen der israelischen Armee hieß es, es sei "nicht möglich, die Herkunft des Schusses zu bestimmen". 

Abu Akleh war nahe des Flüchtlingslagers Dschenin getötet worden, einer Hochburg bewaffneter Palästinensergruppen im Norden des israelisch besetzten Westjordanlands. Am Sonntag starb ein Palästinenser, der am Freitag bei einem Schusswechsel mit israelischen Einheiten im Lager Dschenin verletzt worden war. Ein israelischer Polizist wurde bei dem Einsatz getötet, zwölf weitere Palästinenser verletzt. 

Der Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern hatte sich in den vergangenen Wochen verschärft. Seit März wurden bei anti-israelischer Gewalt mindestens 19 Menschen getötet. Im selben Zeitraum wurden laut Zählungen der Nachrichtenagentur AFP 32 Palästinenser und drei arabische Israelis getötet.

Israel öffnete jedoch am Sonntag wieder den einzigen Grenzübergang zum besetzten Gazastreifen, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Die Regierung hatte den Übergang Eres Anfang Mai nach mehreren palästinensischen Angriffen im Westjordanland geschlossen. Etwa 12.000 Palästinenser mit einer Arbeitserlaubnis nutzen den Übergang normalerweise täglich, um in Israel zu arbeiten. 

se/dja

Hiba ASLAN / © Agence France-Presse