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Nahrung weltweit bedroht

Die EU-Kommission will neue Wege für Agrarexporte aus der Ukraine finden.

Angesichts stockender Getreideausfuhren aus der Ukraine durch Russlands Blockade ukrainischer Häfen will die EU-Kommission neue Exportwege über den Landweg finden. Da die Blockade der Häfen die weltweite Lebensmittelsicherheit bedrohe, "besteht dringender Bedarf, alternative Logistikrouten zu schaffen", erklärte die EU-Kommission am Donnerstag. Dabei setzt die Brüsseler Behörde auf Lastwagen und Güterzüge.

Um Ausfuhren von Weizen, Sonnenblumenöl und Mais aus der Ukraine zu ermöglichen, schlug die Kommission vor, an den Grenzen zur EU das Personal zu verstärken, um rund um die Uhr Lastwagen abfertigen zu können. Zudem appellierte die Brüsseler Behörde an die Betreiber der Schienennetze in Europa, Exporten aus der Ukraine "zeitlich befristet" Vorrang einzuräumen und ihnen Zeitfenster auf der Schiene bereitzustellen.

Denn die Lage ist dringend geworden, um die Ernten von den ukrainischen Feldern nicht verkommen zu lassen: Nach Angaben der Kommission warteten an den Grenzübergängen zwischen der Ukraine und der EU "tausende Waggons und Lastkraftwagen auf ihre Abfertigung". Derzeit würden Waggons durchschnittlich zwischen 16 und 30 Tage auf ihre Abfertigung warten.

Eine der Herausforderungen dabei seien die unterschiedlichen Spurweiten der Schienen in der Ukraine und in der EU, "sodass die meisten Güter auf Lastwagen oder Waggons umgeladen werden müssen", die den Abständen der EU-Schienen entsprechen.

Abgesehen von der Verlagerung auf die Straße geht es auch darum, die Fracht in der EU lagern und weitertransportieren zu können. Denn Exporte, die eigentlich über Odessa und andere Häfen in der Ukraine in die Welt gegangen wären, finden durch die russische Blockade dieser Häfen ihren Weg am ehesten in die EU.

Also sollen neue Lagerkapazitäten in der EU für ukrainische Agrargüter ausfindig gemacht werden, wie EU-Verkehrskommissarin Adina Valean bei der Vorstellung der Pläne sagte. Der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins begrüßte diese Vorschläge, "denn die Getreidelager in der Ukraine sind voll, dieses Getreide fehlt auf dem Weltmarkt und der Weitertransport scheitert zum Teil an den europäischen Grenzen", erklärte Lins.

In Rumänien, das an den südwestlichsten Zipfel der Ukraine grenzt, wird bereits verstärkt Getreide aus der Ukraine entgegengenommen und verladen. Der rumänische Schwarzmeer-Hafen Constanta wurde zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Export der ukrainischen Ernten. Die rumänische Regierung will dafür Eisenbahnstrecken aus der Zeit des Kommunismus instand setzen und investiert dafür 200 Millionen Lei (40 Millionen Euro).

Nach den Wünschen der EU-Kommission sollen sich nun weitere der 27 EU-Mitgliedstaaten und die Logistikbranche um die Exporte aus der Ukraine bemühen. Dies wird angesichts der Bedeutung des Getreides aus der Ukraine für die Ernährung der Menschen in ärmeren Ländern immer dringender. "Jede einzelne Schaufel Getreide von der Ukraine auf dem Weltmarkt hilft, Hunger, besonders im globalen Süden, zu stillen. Daher müssen diese Maßnahmen schnellstmöglich umgesetzt werden", forderte die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl.

Vor dem russischen Einmarsch exportierte die Ukraine monatlich 4,5 Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Erzeugnisse über ihre Häfen. Das entspricht zwölf Prozent des weltweiten Weizens, 15 Prozent des Mais-Bedarfs und 50 Prozent des Sonnenblumenöls.

mbn/jm