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"Kämpfen, um nicht kämpfen zu müssen"

Die Koalition verteidigt im Bundestag die Pläne für das Bundeswehr-Sondervermögen.

Der Bundestag hat sich erstmals mit den Regierungsplänen für das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen zur Stärkung der Bundesregierung befasst. Die Unionsfraktion verlangte am Mittwoch Nachbesserungen, um der vorgesehenen Grundgesetzänderung zuzustimmen. Bundesverteidigungsminister Christian Lindner (FDP) verteidigte, dass das Vorhaben durch die Aufnahme neuer Schulden finanziert wird.

Der russische Angriff auf die Ukraine habe die internationale Ordnung verändert, sagte Lindner. Die Frage der Bündnis- und Landesverteidigung spiele nun eine größere Rolle. "Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen. Und deshalb muss die Bundeswehr ertüchtigt werden."

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte in der Debatte, die Gelder aus dem Sondervermögen würden "dringend" gebraucht. So habe die Bundeswehr zwar "auf dem Papier" 350 Schützenpanzer vom Typ Puma. Einsatzbereit seien aber nur 150. Und beim Kampfhubschrauber Tiger könnten von 51 Maschinen gerade einmal neun abheben.

Die Koalition will das Sondervermögen über eine Änderung des Grundgesetzes einrichten. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag nötig. Deshalb sind SPD, Grüne und FDP auch auf Stimmen der Union angewiesen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, bei dem Vorhaben habe die Koalition die Union grundsätzlich auf ihrer Seite. Lindner müsse aber einen Plan vorlegen, um die dafür nötigen Schulden wieder zu tilgen. "Schulden machen alleine ist noch keine solide Haushaltspolitik."

Darüber hinaus verlangte Dobrindt, dass die Ampel-Regierung neben dem Sonderfonds das Nato-Ziel umsetzt, jährlich mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Dies habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seiner "Zeitenwende"-Rede nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine Ende Februar zugesagt. In den Budgetplänen Lindners finde sich davon aber nichts.

Die Unionsfraktion sei "zu konstruktiven Gesprächen" über die geplante Verfassungsänderung bereit, sagte der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul. Die Union lasse sich aber nicht "unter Druck setzen".

Lindner sprach von einer "Kraftanstrengung" mit Blick auf das Sondervermögen. Dafür Steuern zu erhöhen, sei auch "angesichts der makroökonomischen Situation gefährlich", sagte der Finanzminister vor den Abgeordneten. Deshalb werde das Sondervermögen mit Krediten finanziert. "Aber in dieser Zeit, in dieser Lage ist es anders nicht möglich."

Die AfD unterstütze das Ziel, den Investitionsstau bei der Bundeswehr zu beenden, sagte ihr Abgeordneter Peter Boehringer. Die Partei sei aber gegen ein Sondervermögen. Denn dieses begründe einen "illegitimen Nebenhaushalt". Die Konstruktion diene der Regierung ausschließlich dazu, die Schuldenbremse zu umgehen.

Das Sondervermögen werde weder den Krieg in der Ukraine beenden noch zu mehr Sicherheit in Deutschland führen, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali in der Debatte. "Das einzige, zu was es führen wird, ist, dass die Aktienkurse der Rüstungskonzerne in die Höhe gehen, dass dort die Profite steigen." Diesen "Irrsinn" werde die Linke nicht mitmachen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte, Deutschland müsse künftig mehr tun im Baltikum und an der Ostflanke der Nato. Dafür sei eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr nötig. Bei den 100 Milliarden gehe es deshalb auch "um unsere zukünftige Verantwortung in Europa und in unserem gemeinsamen Bündnis".

mt/pw