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Ostermärsche waren immer politisch

Begleitet von Kritik und überschattet durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind in Deutschland zu den Osterfeiertagen die traditionellen Ostermärsche für Frieden und Abrüstung gestartet.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) rief die Beteiligten zu einer klaren Botschaft an Russland auf. "Frieden kann und wird es nur geben, wenn Putin seinen Angriffskrieg stoppt", sagte der Wirtschaftsminister der Funke Mediengruppe.

"Es sollte also bei den Ostermärschen deutlich werden, dass sie sich gegen Putins Krieg richten", verlangte Habeck. "Pazifismus ist im Moment ein ferner Traum", gab er zu bedenken. Kriegsverbrechen seien "offenkundig Teil" der russischen Kriegsführung. Daher gelte für ihn derzeit, "dass Zuschauen die größere Schuld ist", mahnte der Vizekanzler Unterstützung für die Ukraine an. Es sei "eindeutig, wer in diesem Krieg Angreifer ist und wer sich in schwerer Not verteidigt und wen wir unterstützen müssen - auch mit Waffen".

Die Ostermärsche für den Frieden haben eine lange Tradition. Nach Anfängen in den 1960er Jahren hatten sie zeitweise hunderttausende Teilnehmer. Auch in diesem Jahr waren in zahlreichen Städten und Regionen Aktionen geplant, von Mahnwachen bis hin zu mehrtägigen Märschen.

Das organisierende Netzwerk Friedenskooperative sprach am Samstag von einem erfolgreichen Start der Ostermärsche meistens am Karfreitag, einzeln auch bereits am Donnerstag. Mit über 70 Veranstaltungen und Aktionen bilde der Karsamstag den Höhepunkt der Ostermarsch-Aktivitäten. "In vielen Städten wie Berlin, Bremen, Göttingen, Leipzig, München, Münster, Rostock, Stuttgart oder Wiesbaden gehen die Menschen auf die Straße, um sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen", hieß es in einer Erklärung.

Auch das Netzwerk Friedenskooperative verurteilte "den völkerrechtswidrigen brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine". Allerdings werden in einigen der Aufrufe, die sich teilweise deutlich voneinander unterscheiden, auch "permanente Aufrüstung" im Westen und "politisches Versagen" dort für die militärische Eskalation mitverantwortlich gemacht. Daher müsse es jetzt darum gehen, "die Eskalationsspirale zu durchbrechen", hieß es. In Berlin waren konkurrierende Veranstaltungen mit unterschiedlicher Ausrichtung angekündigt.

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff hatte die Ostermarschierenden, denen er eine Relativierung des russischen Vorgehens und der damit verbundenen Kriegsverbrechen vorwarf, als "fünfte Kolonne" des russischen Machthabers Wladimir Putin kritisiert. 

Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann verteidigte dagegen die Aktionen. Es sei nicht gerecht, Menschen, die sich seit Jahrzehnten für Frieden einsetzten vorzuwerfen, sie stünden auf der Seite Russlands, sagte sie am Samstag im NDR. Käßmann warnte vor einer Eskalation des Krieges, auch durch westliche Waffenlieferungen an die Ukraine.

In Berlin begannen drei russische Anti-Kriegs-Aktivistinnen nach eigenen Angaben am Karfreitag einen unbefristeten Hungerstreik aus Protest gegen den Angriffskrieg vor der russischen Botschaft. "Wir bleiben Tag und Nacht vor der russischen Botschaft, um den Rückzug aller russischen Truppen aus der Ukraine und einen Prozess für alle Kriegsverbrecher, inklusive des illegitimen Präsidenten Putin, zu fordern", erklärte eine der Teilnehmerinnen, Polina Kwiatkowska, die demnach kürzlich aus Russland geflohen ist.

bk/noe


© Agence France-Presse