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Bettina Stark-Watzinger zum Haushaltsgesetz

Rede der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, zum Haushaltsgesetz 2022 vor dem Deutschen Bundestag am 24. März 2022 in Berlin:

Bulletin 38-6

"Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Während wir hier Haushaltsberatungen führen, tobt in der Ukraine ein brutaler Annexionskrieg von russischer Seite. Wir alle sind gefordert, das Leid der Menschen zu lindern und Russland zu isolieren. Wir tun das, indem wir die wissenschaftliche Kooperation mit staatlichen Stellen in Russland eingestellt haben, indem wir zusammen mit den Ländern, der Wissenschaft und den Stiftungen flüchtenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Studierenden bei uns Chancen geben. Wir tun das, indem wir die Kultusministerkonferenz (KMK) unterstützen und in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium der Ukraine den Kindern und Jugendlichen wieder ein Stück Normalität und Bildung geben – sei es digital im ukrainischen Bildungssystem oder in unseren Schulen.

Der Angriff auf die Ukraine hat unsere Regierungsarbeit verändert. Aber eines ist unverändert geblieben: die Bedeutung von Bildung und Forschung. Theodor Heuss wird zitiert mit: „… die äußere Freiheit der Vielen lebt aus der inneren Freiheit der Einzelnen.“ Ob Desinformation, Fake News oder das Wissen über Demokratie: Richtig ist, dass jeder Euro für Bildung eine doppelte Investition ist – in jeden Einzelnen und für uns alle.

Die Rohstoffabhängigkeit von Russland hat gezeigt: Wir müssen endlich mehr für unsere technologische Souveränität tun – nicht weil wir uns abschotten wollen, nicht weil wir wissen, dass der Freihandel wichtig ist, sondern weil wir anhand unserer Werte entscheiden wollen, mit wem wir Handel treiben. Vieles wussten wir. Wenig wurde getan. Jetzt machen wir Tempo. Für die Freiheit. Das spiegelt auch unser Haushaltsentwurf wider. 20,3 Milliarden Euro investieren wir in Bildung und Forschung. Das sind über zwei Milliarden Euro mehr als 2019, dem letzten Haushalt vor Corona. Entgegen dem Vorhaben der Großen Koalition steigt der Haushalt mittelfristig und sinkt nicht.

Wir haben in dem laufenden Haushalt bereits die ersten wichtigen Projekte angeschoben, obwohl wir – auch das gehört zur Wahrheit – große Haushaltsrisiken übernommen haben. Ein kleines Beispiel: Der Pakt für Forschung und Innovation war nicht bis zum Schluss gegenfinanziert. Und trotzdem: Zukunftsinvestitionen behalten Priorität. Für neue Chancen. Wir sind das Chancenministerium.

Wir machen Tempo bei der Bildung, damit wir rauskommen aus dem Mittelmaß. Bei der jüngsten KMK haben wir in großer Einigkeit die Lübecker Erklärung abgegeben, weil uns wichtig war, dass wir Geflüchteten aus der Ukraine Perspektiven eröffnen. Hier hat der Schulterschluss zwischen Bund und Ländern geklappt. Das geht auch an anderen wichtigen Stellen; denn eines eint uns: Bildung schafft Lebenschancen. Deswegen darf der Bildungserfolg nicht länger von der sozialen Herkunft abhängen.

Was haben wir vor? Wir sehen: Der DigitalPakt Schule nimmt Fahrt auf, aber noch zu langsam; das zeigen die aktuellen Zahlen. Wir müssen weiter beschleunigen. Mit der Exzellenzinitiative „Berufliche Bildung“ verleihen wir der beruflichen Ausbildung neuen Schub. Und ganz wichtig: Das BAföG muss schnell attraktiver, moderner und flexibler werden. Allein 2022 stehen 2,3 Milliarden Euro bereit. Den eigenen Weg selbstbestimmt gehen können, seine Talente entfalten und einbringen können: Das ist essenziell für unsere Freiheit.

Wir machen Tempo bei Forschung und Innovation, damit wir unabhängiger werden von Rohstofflieferanten, souveräner bei den Technologien – auch für mehr Nachhaltigkeit. Mit China stehen wir in einer Werteauseinandersetzung: Freiheit statt Kontrolle, Vertrauen statt Überwachung. Gerade deshalb ist es sinnvoll, jetzt in Zukunftsfelder zu investieren: in Quantentechnologien, in IT-Sicherheit, in Mikroelektronik, in künstliche Intelligenz. Wir müssen schneller von unserer hervorragenden Grundlagenforschung zu hervorragenden neuen Produkten kommen. Deswegen schaffen wir die „Deutsche Agentur für Transfer und Innovation“, für deren Start in diesem Jahr 15 Millionen Euro vorgesehen sind. Seien Sie versichert: Das wird mehr.

Die SPRIND muss schneller und agiler werden; für die Bundesagentur für Sprunginnovationen werden wir den Titelansatz im Haushaltsjahr 2022 fast verdoppeln und danach weiter erhöhen. Sie erhält ein Freiheitsgesetz; denn für uns ist klar: Das Innovationsland Deutschland darf nicht stillstehen, wenn es um die Zukunft geht.

Bis 2026 planen wir mit vier Milliarden Euro mehr als die Vorgängerregierung. Damit investieren wir in Forschung und Entwicklung und steigern das Ganze auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2025.

Vom britischen Philosophen und Mathematiker Alfred North Whitehead stammt der kluge Satz: „Die Kunst des Fortschritts besteht darin, inmitten des Wandels Ordnung zu wahren, inmitten der Ordnung den Wandel aufrechtzuerhalten.“ Beides tun wir mit diesem Haushaltsentwurf: Wir halten Kurs und setzen Impulse für Neues.

Vielen Dank." 


Die Bundesregierung 

Foto: Bettina Stark-Watzinger/ FDP/ Laurence Chaperon