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Tschernobyl noch kein Risiko

Die IAEA stuft den Stromausfall in Tschernobyl nicht als ein bedeutendes Risiko ein.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) stuft den Stromausfall in der Atomruine von Tschernobyl in der Ukraine nicht als bedeutendes Sicherheitsrisiko ein. "Die Ukraine hat die IAEA über den Stromausfall informiert", erklärte die UN-Behörde am Mittwoch auf Twitter. Sie sehe "in diesem Fall keine kritischen Auswirkungen auf die Sicherheit". Dagegen warnte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, die Notstromaggregate der Anlage zur Kühlung von nuklearem Material würden nur 48 Stunden funktionieren.

Der ukrainische Energiekonzern Ukrenergo hatte zuvor bei Facebook erklärt, die Elektrizitätsversorgung der Anlage und ihrer Sicherheitssysteme sei infolge "der militärischen Aktivitäten des russischen Besatzers komplett gekappt". Wegen der fortdauernden russischen Angriffe gebe es auch "keine Möglichkeit", die Stromversorgung wiederherzustellen.

Kuleba schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, dass "die Reserve-Dieselgeneratoren das Kraftwerk 48 Stunden lang mit Strom versorgen können", fügte jedoch hinzu, dass "danach die Kühlsysteme des Lagers für abgebrannte Brennelemente ausfallen werden". Derzeit werden 20.000 Brennelemente im Lagerbecken der Anlage aufbewahrt.


Die IAEA schrieb auf Twitter, angesichts der Zeit, die seit dem Atom-Unfall von 1986 in Tschernobyl vergangen ist, "reichen die thermische Belastung des Beckens und das Volumen des Kühlwassers jedoch aus, um eine effektive Wärmeabfuhr ohne Elektrizität zu gewährleisten".

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte am Mittwoch in Berlin: "Wirklich niemand kann ein Interesse daran haben, dass es da zu einem Unfall kommt mit potenziell desaströsen Folgen". Er betonte zugleich, "dass wir keine Erkenntnisse dazu haben, dass radioaktive Stoffe derzeit austreten".

Im Akw Tschernobyl war es 1986 zu einem verheerenden Unfall gekommen, bei dem hunderte Menschen starben und radioaktives Material sich über Europa ausbreitete. Das Kraftwerk ist seitdem stillgelegt, ein riesiger Schutzmantel soll den Austritt von Radioaktivität verhindern. Die russische Armee hatte das Gelände im Norden der Ukraine am ersten Tag ihres Einmarschs erobert.

IAEA-Chef Rafael Grossi hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass "die Datenfernübertragung der im Kernkraftwerk Tschernobyl installierten Überwachungssysteme ausgefallen ist". Die Überwachungssysteme der IAEA sollen feststellen, ob radioaktives Material entweicht. Nach IAEA-Angaben können die ukrainischen Behörden nur noch per E-Mail mit ihren Mitarbeitern vor Ort kommunizieren.

Mehr als 200 technische Mitarbeiter und Wachleute sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine auf dem Gelände eingeschlossen. Sie arbeiten nun schon knapp zwei Wochen am Stück ohne Ablösung.

"Die Situation des Personals verschlechtert sich", warnte die IAEA am Dienstag unter Berufung auf ukrainische Behörden. Normalerweise arbeiten mehr als 2000 Menschen in rotierenden Schichten in dem Sperrgebiet. Die IAEA forderte Russland auf, die Mitarbeiter austauschen zu lassen, da Ruhezeiten für die Sicherheit der Anlage entscheidend seien. 

"Ich bin zutiefst besorgt über die schwierige und stressige Situation, in der sich das Personal des Kernkraftwerks Tschernobyl befindet, und über die potenziellen Risiken, die dies für die nukleare Sicherheit mit sich bringt", erklärte Grossi. Er bekräftigte sein Angebot, persönlich nach Tschernobyl oder an einen anderen Atom-Standort in der Ukraine zu reisen, um über die Sicherung der Nuklearanlagen in dem Krieg zu verhandeln.

Russische Streitkräfte hatten vergangene Woche auch das größte Atomkraftwerk Europas, Saporischschja, angegriffen und eingenommen. Dabei war ein Brand auf dem Gelände ausgebrochen. Die IAEA hatte erklärt, dass zwei der sechs Reaktoren dort noch in Betrieb seien, das Personal der Anlage im Schichtbetrieb arbeite und die Strahlungswerte stabil blieben.

mt/lan/cp