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Kavala bleibt in Haft

Der türkische Kulturförderer Kavala bleibt entgegen internationaler Kritik in Haft.

Der seit mehr als vier Jahren ohne Verurteilung inhaftierte türkische Kulturförderer Osman Kavala bleibt trotz scharfer internationaler Krtitik in Haft. Dies entschied ein Gericht in Istanbul am Montag in Abwesenheit des Angeklagten. Die Türkei setzt somit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) weiterhin nicht um. Die Bundesregierung sprach von "staatlicher Willkür".

Die türkischen Behörden werfen Kavala die versuchte Destabilisierung des Landes vor. Der 64-jährige Geschäftsmann war ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichteten sogenannten Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben.

Nach einem Freispruch im Februar 2020 kam er kurzzeitig aus der Haft, wurde dann aber erneut festgenommen. Mittlerweile werfen die Behörden ihm Beteiligung am Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und Spionage vor. Ihm droht lebenslange Haft.

Der EGMR als juristischer Arm des Europarats, dessen Mitglied die Türkei ist, stufte Kavalas Inhaftierung als unrechtmäßig ein und ordnete seine Freilassung an. Ankara ignorierte dies und verbat sich jegliche "Einmischung" in seine Justizangelegenheiten. Der Europarat leitete daraufhin im Dezember ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei ein, das im Verlust des Stimmrechts oder sogar der Mitgliedschaft in der Länderorganisation münden könnte.

Der Berichterstatter des EU-Parlaments für die Türkei, Nacho Sánchez Amor, sagte der Nachrichtenagentur AFP im Anschluss an die Gerichtsverhandlung, es sei "schwer zu verstehen, warum die Türkei den Anordnungen des Gerichtshofs nicht nachkommt, obwohl sie Teil dieser Gerichtsbarkeit ist". Ankara werde "den Konsequenzen nicht entgehen".

Neben dem EU-Vertreter waren auch Kavalas Ehefrau sowie mehrere Diplomaten - insbesondere aus Deutschland, Frankreich und den USA - im Gericht anwesend. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, äußerte scharfe Kritik: "Rechtsstaatlichkeit bedeutet Vertrauen in den wirksamen Schutz jedes und jeder Einzelnen vor staatlicher Willkür. Die andauernde Inhaftierung von Osman Kavala in der Türkei lässt dieses Vertrauen seit über vier Jahren erodieren."

Der Fall Kavala hatte im vergangenen Oktober für einen diplomatischen Eklat gesorgt: Weil sie die Freilassung von Kavala gefordert hatten, drohte Präsident Erdogan zehn westlichen Botschaftern, darunter den Vertretern der USA, Frankreichs und Deutschlands, wegen Einmischung in die "unabhängige Justiz der Türkei" die Ausweisung an. Erst in letzter Minute lenkte Erdogan wieder ein.

pe/ju