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Kein Grund zur Entwarnung

Der Westen sieht trotz Moskaus Ankündigung zum Truppenabzug keinen Grund zur Entwarnung.

Trotz der Ankündigung eines Teilabzugs der russischen Truppen von der Grenze zur Ukraine hält der Westen die Lage nach wie vor für bedrohlich. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Mittwoch, er sehe bisher keine Anzeichen für einen russischen Truppenabzug. "Im Gegenteil, Russland scheint seine Militärpräsenz weiter auszubauen." Während Moskau die Militärübungen auf der annektierten Krim für beendet erklärte, feierte die Ukraine einen Tag der Einheit und hielt ein eigenes Manöver ab. 

Die Nato beobachte die Bewegungen des russischen Militär weiterhin genau, sagte Stoltenberg am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nannte den russischen Truppenaufmarsch "weiter Besorgnis erregend".

US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag erneut vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine gewarnt. Er begründete dies mit den inzwischen "mehr als 150.000" russischen Soldaten an den Grenzen zur Ukraine. 

Stoltenberg wiederholte dagegen die Zahl von "weit mehr als 100.000" russischen Truppen. Es gebe aber einen Trend nach oben, sagte er auf Nachfrage zu Bidens Angaben. Zugleich wiederholte der Nato-Generalsekretär seine Einschätzung, es gebe "Grund zu vorsichtigem Optimismus", weil Russland dialogbereit scheine. 

Lambrecht sprach nach dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Moskau am Dienstag ebenfalls von "Signalen, die uns zumindest hoffnungsvoll stimmen lassen." Nun müssten den russischen Ankündigungen für einen Truppenrückzug aber Taten folgten. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel forderte von Russland "konkrete und handfeste Schritte zur Deeskalation". Die EU könne nicht "ewig Diplomatie auf einer Seite versuchen, wenn die andere Seite Truppen anhäuft".

Moskau hatte am Dienstag den Abzug eines Teils seiner Truppen von der ukrainischen Grenze angekündigt. Am Mittwoch erklärte Russland das Militärmanöver auf der Halbinsel Krim für beendet und kündigte den Abzug der daran beteiligten Soldaten an. 

Die Regierung in Minsk erklärte, dass nach den gemeinsamen Manövern mit Russland in Belarus alle russischen Streitkräfte das Land wieder verlassen würden. "Kein einziger (russischer) Soldat, kein einziges Teil militärischer Ausrüstung" werde "auf dem Territorium von Belarus bleiben", sagte Außenminister Wladimir Makei.

Der Westen warnt angesichts der massiven russischen Truppenpräsenz an der Grenze zur Ukraine seit Wochen vor einem Angriff Moskaus auf das Nachbarland. Russland bestreitet jegliche Angriffspläne. 

Der Kreml begrüßte Äußerungen Bidens über eine mögliche diplomatische Beilegung der Krise. "Es ist positiv, dass auch der US-Präsident seine Bereitschaft zur Aufnahme ernsthafter Verhandlungen bekundet hat", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. 

Biden hatte weitere diplomatische Anstrengungen angemahnt; "Ich glaube, dass es echte Wege gibt, unsere jeweiligen Sicherheitsbedenken anzugehen." Dabei könne es um Rüstungskontrolle, Transparenz und strategische Stabilität gehen.

Die Ukraine feierte einen Tag der Einheit, den Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag angesichts der Furcht vor einem russischen Einmarsch ausgerufen hatte. In der Stadt Riwne im Nordwesten der Ukraine überwachte der Präsident Übungen der Streitkräfte, die mit vom Westen gelieferten Panzerabwehrwaffen trainierten. In der Hauptstadt Kiew trugen hunderte Menschen eine riesige Nationalflagge durch ein Stadion. 

Selenskyj wurde außerdem in Mariupol erwartet. Die Hafenstadt liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie, die Gebiete unter ukrainischer Kontrolle von den pro-russischen Separatistenregionen trennt. 

Nach der intensiven Krisendiplomatie der vergangenen Wochen sind für das Wochenende weitere Beratungen zum Ukraine-Konflikt geplant. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) werde am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz ein Treffen mit ihren G7-Kollegen leiten, kündigte ein Ministeriumssprecher an. Deutschland hat derzeit die Präsidentschaft der Gruppe sieben führender Industriestaaten (G7) inne. 

Zur Ukraine-Krise seien außerdem Beratungen zwischen Deutschland, Frankreich und der Ukraine geplant, sagte der Außenamtssprecher weiter. Auch ein Treffen der Bundesaußenministerin mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Großbritannien und den USA sei vorgesehen.

bfi/dja