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Schwarze Moderne - Afrika und die Avantgarde

In der Ausstellung „Schwarze Moderne – Afrika und die Avantgarde“ (29.1.-1.5.2022) treffen die Werke indigener Künstler verschiedener afrikanischer Ethnien auf die Klassische Moderne Europas.

So suchten Pablo Picasso, Man Ray, Fernand Léger, Hannah Höch oder Henri Matisse in der Auseinandersetzung mit der Formensprache afrikanischer Masken und Skulpturen kreative Impulse, mit denen sie ihre eigenen Werke revolutionär erneuerten.

„Die europäischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts, allen voran Picasso, vollziehen in der schöpferischen Auseinandersetzung mit indigener afrikanischer Kunst eine stilistische Frischzellenkur“, erklärt Museumsleiter Prof. Dr. Markus Müller. „So verdankt beispielsweise der Kubismus als größtes Kunstexperiment des Jahrhunderts seine Ursprünge nicht zuletzt der Kunst Afrikas. Doch neben dieser historischen Würdigung erweitert Herr Gaude als Kurator der Präsentation die Perspektive um den Blick der zeitgenössischen afrikanischen und afro-afrikanischen Kunst auf die Klassiker der Moderne. So wird ein vitaler Dialog auf Augenhöhe inszeniert.“

Die Schau macht das vielfältige Stilrepertoire der Kunst Afrikas und seiner Rezeption in Kubismus, Dadaismus und Surrealismus erfahrbar. Darüber hinaus werden exemplarische Positionen von Gegenwartskünstlern präsentiert, die in ihren Werken die europäischen Avantgarden und deren Umgang mit afrikanischer Kunst kritisch reflektieren. Maler und Fotografen wie Chéri Samba, Maître Syms, Gonçalo Mabunda oder John Edmonds illustrieren mit ihren Arbeiten die Spannweite dieser Auseinandersetzung zwischen Aneignung, Umwandlung und kritischer Distanz. „Die Faszination für den Besucher liegt in der Möglichkeit, Kunst aus Afrika als Grundlage der Moderne neu zu erfahren“, berichtet Kurator Alexander Gaude.

Rund 80 Skulpturen und Masken, Gemälde, Zeichnungen, Fotos, Collagen und Filmkunst sind bis 1. Mai 2022 in Münster zu sehen. Hochkarätige Leihgaben aus Museen und privaten Sammlungen in Paris, New York, Genf, Budapest, Berlin, Düsseldorf und Essen sowie Highlights der Sammlung des Picasso-Museums sind in der Schau vereinigt. Die Ausstellung verfolgt dabei den Einfluss der Ideenströme des kulturellen Erbes des sog. Black Atlantic, der globalen schwarzen Gemeinschaften, die sich durch die Schiffsrouten des transatlantischen Sklavenhandels zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in der Diaspora entwickelten.


Picasso – Die Schönen und das Biest

Parallel zu der Schau „Schwarze Moderne“ zeigt das Picasso-Museum in der kleinen Studioausstellung „Picasso – Die Schönen und das Biest“ Werke aus seinem eigenen Grafikbestand. Im Zentrum der Ausstellung steht der Mythos des Minotaurus in der Kunst Pablo Picassos. Die Gestalt aus der griechischen Mythologie ist ein Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf und ging aus der geschlechtlichen Vereinigung zwischen Pasiphaë, der Frau des Königs Minos von Kreta, und einem Stier hervor. Minos sperrte die Bestie in einem von Dädalus errichteten Labyrinth ein, wo ihr alle neun Jahre sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen geopfert wurden.

Seit der Antike ist der Minotaurus ein beliebtes Motiv der bildenden Kunst. Picasso interpretiert den Mythos in den 1930er-Jahren in der nach ihrem Verleger benannte Suite Vollard jedoch völlig neu: Er macht sich das Ungeheuer zum Alter Ego und reflektiert in dessen Darstellung sein Künstlerleben sowie seine romantischen Beziehungen und sexuellen Erlebnisse. Die Blätter der Suite Vollard werden damit zu einem verschlüsselten Tagebuch dieser Jahre – der, wie Picasso selbst einmal erklärte, „schlimmsten Zeit meines Lebens“.

„Picasso ist damals hin und hergerissen zwischen seiner Ehefrau Olga Chochlowa, die sich weigert, sich von ihm scheiden zu lassen, und seiner jungen Geliebten Marie-Thérèse Walter, die ein Kind von ihm erwartet – während sein Heimatland Spanien am Vorabend des Bürgerkriegs steht“, erläutert Kuratorin Ann-Katrin Hahn aus dem Picasso-Museum. „Vor diesem Hintergrund entwickelt er die Figur des Minotaurus als Sinnbild für sein gespaltenes Selbst: sowohl menschlich als auch bestialisch, Opfer und Täter zugleich.“

Mit dem Minotaurus und seinem Umgang mit dem weiblichen Geschlecht thematisiert diese Ausstellung einen besonderen Aspekt von Picassos Schaffen. Da in der griechischen Mythologie der Minotaurus als Jungfrauen verschlingendes Ungeheuer beschrieben wird, empfand Picasso ihn offenbar als geeignet, die animalische, unzivilisierte Seite seines Selbst auszuformulieren. Variantenreich ließ er den Stiermenschen zwischen brutal, kraftstrotzend, bacchantisch, aber auch liebevoll, hilflos, blind oder sterbend changieren.

Wie anders man die Gestalt des Minotaurus auch auffassen kann, zeigt die Ausstellung anhand der Illustrationen zu dem Malerbuch Pasiphae: Chant de Minos von Henri Matisse, der Picasso und sich einmal treffend als „Nordpol und Südpol“ bezeichnet hat.

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Sonntag: 10 - 18 Uhr


Öffentliche Führungen:


Samstag, Sonntag, Feiertage: 15 Uhr


Informationen zu Führungen und Programmen rund um die Ausstellung finden Sie auf der Webseite des Picasso-Museums.


Kunstmuseum Pablo Picasso Münster