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Angehörige suchen immer noch nach Opfern

International Tracing Service (ITS), so heißt der internationale Suchdienst- er hilft bei der Klärung der Schicksale ausländischer NS-Opfer


Auch ein Dreivierteljahrhundert nach dem Ende von Naziterror und Holocaust besteht weiter ein ungebrochenes Interesse an Nachforschungen über die Opfer. Wie der internationale Such- und Archivdienst Arolsen Archives im hessischen Bad Arolsen am Freitag mitteilte, stieg die Zahl der Anfragen von Angehörigen zu den Schicksalen von Ermordeten und Überlebenden im vorigen Jahr um zehn Prozent. Dazu kamen hohe Zugriffszahlen im  Onlinearchiv.

Unter dem Namen Arolsen Archives firmiert inzwischen der frühere Internationale Suchdienst oder International Tracing Service (ITS). Dabei handelt es sich um eine internationale Einrichtung zur Klärung der Schicksale ausländischer NS-Opfer, die in deutsche Konzentrations- oder Zwangsarbeiterlager verschleppt wurden. Sie wird von Deutschland und mehreren anderen Staaten betrieben und besitzt heute das umfassendste Archiv an entsprechenden Dokumenten und anderen historischen Quellen weltweit.

Im vergangenen Jahr erreichten die ursprünglich von den Alliierten ins Leben gerufene und in Kooperation mit dem Internationalen Roten Kreuz betriebene Suchorganisation Anfragen zu etwa 24.000 Naziopfern, wobei 75 Prozent von Verwandten kamen. Auskunftsersuchen von NS-Verfolgten selbst machten derweil lediglich noch zwei Prozent der Auskunftsersuchen aus, wie die Arolsen Archives mitteilen.

Zugleich griffen innerhalb weniger Monate bereits rund 350.000 Nutzer auf ein erst im Mai 2019 freigeschaltetes Onlinearchiv zu, in dem sie auf eigene Faust in einem Teil der Sammlungs- und Archivbestände nach KZ-Insassen, Zwangsarbeitern oder Überlebenden des NS-Terrors suchen können. Die Arolsen Archives haben nach eigenen Angaben das Ziel, bis 2025 alle Dokumente und Namen in ihren Beständen online frei zugänglich zu machen.

Damit will die Organisation, deren Archive insgesamt rund 30 Millionen Dokumente sowie Hinweise zu 17,5 Millionen Naziopfern enthalten, auch auf eine zunehmende Verschiebung seiner Aufgaben von der Schicksalsklärung hin zu Dokumentations- und Aufklärungszwecken reagieren. Es werde nun bald keine Überlebenden mehr geben, erklärte Direktorin Floriane Azoulay. Daher "müssen Dokumente gewissermaßen an ihrer Stelle zu den jüngeren Generationen sprechen".

Zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wollen die Arolsen Archives demnach in einem weiteren Schritt zusätzliche Registrierungskarten von rund 1,7 Millionen Menschen veröffentlichen, um das Onlinearchiv zu ergänzen. Dabei handelt es sich um Dokumente, die die Alliierten nach Kriegsende über ausländische NS-Verfolgte anlegten. Am 27. Januar wurde das Konzentrationslager in Auschwitz befreit. Dieser Tag ist zentraler Gedenktag.

Die Arolsen Archives verwahren den erhaltenen Schriftverkehr der NS-Bürokratie aus Konzentrations- und Vernichtungslagern. Dazu kommen ferner die Dokumente von Behörden und Unternehmen zum Einsatz von Zwangsarbeiter sowie Unterlagen der Alliierten aus der Zeit nach 1945, die sich mit der Erfassung und Betreuung der befreiten Naziopfer aus dem Ausland befassten. Auch persönliche Korrespondenzen von Verschleppten und Verfolgten werden dort archiviert. Der Bund finanziert die Einrichtung.

bro/cfm

© Agence France-Presse