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Steinmeier warnt vor Entzweiung

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bundesbürger angesichts des verbreiteten Streits über den richtigen Weg in der Corona-Pandemie ermahnt, sich nicht zu entzweien.

Es mache sich nach zwei Jahren Pandemie Frust breit, Gereiztheit, Entfremdung und leider auch offene Aggression, sagte Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache, die am Samstagabend ausgestrahlt wird.

"Es stimmt: In der Demokratie müssen wir nicht alle einer Meinung sein. Aber bitte denken wir daran: Wir sind ein Land", sagte das Staatsoberhaupt. "Wir müssen uns auch nach der Pandemie noch in die Augen schauen können. Und wir wollen auch nach der Pandemie noch miteinander leben."

Steinmeier rief die Bevölkerung zu einer Verständigung über die Bedeutung von Freiheit, Vertrauen und Verantwortung auf. "Freiheit, Vertrauen, Verantwortung: Darüber, was das bedeutet, werden wir uns verständigen müssen – auch in Zukunft und auch in anderen großen Fragen wie etwa dem Klimaschutz." 

Auch beim Klimaschutz werde es nicht nur die eine richtige Antwort geben, die alle überzeuge. Aber er sei sicher, dass es möglich sei, eine Verständigung innerhalb der Gesellschaft zu finden. "Das haben wir doch in Wahrheit schon oft miteinander bewiesen."

Er frage sich, was bedeute zum Beispiel Vertrauen, sagte Steinmeier weiter. "Natürlich nicht 'blindes Vertrauen'. Aber heißt Vertrauen nicht womöglich auch, dass ich mich auf kompetenten Rat verlasse, selbst wenn meine eigenen Zweifel nicht gänzlich besiegt sind?" 

Bei Freiheit frage er sich, ob dies der laute Protest gegen jede Vorschrift sei. "Oder bedeutet Freiheit manchmal nicht auch, mich selbst einzuschränken, um die Freiheit anderer zu schützen?" Zur Bedeutung von Verantwortung sei die Frage, ob einfach gesagt werde, das müsse jeder für sich selbst entscheiden. "Oder betrifft meine Entscheidung nicht in Wahrheit viele andere mit?"

Einen Dank richtete Steinmeier in Richtung "der großen, oft stillen Mehrheit", die seit Monaten umsichtig und verantwortungsvoll handele. "Weil sie erkannt hat: Mehr denn je sind wir aufeinander angewiesen – ich auf andere und andere auf mich."

Im Rückblick auf das Jahr sagte Steinmeier, es habe vieles gegeben, was Kummer bereite, vieles, was auch Angst gemacht habe. "Wir denken an die schreckliche Flutkatastrophe im Sommer." Er denke auch an die Soldatinnen und Soldaten, die aus Afghanistan heimgekehrt seien und an die Menschen, die dort in Not und Hunger zurückgeblieben sind. "Wir machen uns Sorgen über das, was wir aus vielen Teilen unserer unruhigen Welt hören, gerade auch aus Osteuropa."

Es habe aber auch vieles gegeben, was Hoffnung mache. "Ich denke an die riesige Solidarität mit den Flutopfern, an Spenden und vor allem ganz viel tatkräftige Hilfe. Ich denke an die vielen – jungen und nicht so jungen – Menschen, die sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzen." 

Er denke dabei aber auch an die Wählerinnen und Wähler, die in wichtigen Wahlen ihre Stimme abgegeben haben "und an die Art und Weise eines demokratischen Übergangs in gegenseitigem Respekt". Viele Menschen würden jetzt mit Neugier, auch mit Hoffnung, auf eine neue Bundesregierung schauen, die sich viel vorgenommen habe für unser Land.

ran/cha