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Allgemeine Impfpflicht kommt näher

In der Politik mehren sich parteiübergreifend die Stimmen für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus.

Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), sagte in den ARD-"Tagesthemen" am Mittwochabend, die Impflicht sei "unerlässlich" - "sonst kommen wir immer wieder in die Dauerschleife von Lockerung und Lockdown". Zuspruch kam von SPD und Grünen. In der FDP regte sich jedoch Widerstand.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Donnerstagsausgaben), er habe bislang geglaubt, dass sich "sehr viel mehr Menschen impfen lassen werden als es bis heute tatsächlich der Fall ist". Er habe deshalb "immer sehr überzeugt" gesagt, es werde keine Impfpflicht kommen. "Das war ein Fehler." 

Klingbeil rief eindringlich dazu auf, sich impfen und boostern zu lassen. Würde die Impfquote von derzeit 70 Prozent in Deutschland schlagartig auf 95 Prozent steigen, wäre die geplante Einführung einer Impfpflicht nicht nötig, sagte er. "Das sehe ich aktuell aber nicht."

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, rief die Abgeordneten im Bundestag dazu auf, die allgemeine Corona-Impfpflicht schnell auf den Weg zu bringen. Vor allem angesichts der deutlich ansteckenderen Omikron-Variante müsse der Bundestag "schnell" handeln. "Dabei kann es aus meiner Sicht nicht um das Ob, sondern nur um das Wie einer Impfpflicht gehen", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). 

"An diesem Prinzip muss sich der parlamentarische Prozess orientieren", sagte die Grünen-Politikerin der NOZ. Alle demokratischen Kräfte des Bundestages seien gefragt, "konstruktiv und problembewusst mitzuwirken".

Mediziner haben wiederholt betont, dass ein wirksamer Schutz gegen die neue Corona-Variante nur mit Auffrischungsimpfungen möglich sei. Erste Studien zeigen zwar, dass eine Infektion mit der Omikron-Variante im Schnitt glimpflicher verläuft als bei der bislang vorherrschenden Delta-Variante - durch die deutlich höhere Ansteckbarkeit droht jedoch eine schnellere Überlastung des Gesundheitssystems und damit noch mehr Todesfälle.

Nach Informationen der "Rheinischen Post" sind zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im kommenden Jahr mindestens drei Abstimmungsanträge der Bundestagsfraktionen geplant. Ein Antrag befürwortet die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, ein weiterer sieht die Impfpflicht nur für Bürgerinnen und Bürger ab 60 Jahren vorsieht. Ein Antrag des Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki gegen die Impfpflicht spaltet unterdessen die FDP.

Während der FDP-Vizechef sich durch das Votum des Ethikrats vom Mittwoch in seiner Ablehnung einer allgemeinen Impfpflicht ermutigt sieht, sprach Parteichef Christian Lindner in der "NOZ" von zwei "legitimen" Positionen innerhalb der Bundestagsfraktion. Kubicki sagte der "Rheinischen Post", die "sehr abgewogene Stellungnahme" des Ethikrates zeige, "dass es in dieser wichtigen Frage keine einfachen Antworten" gebe.

20 von 24 Mitglieder des Ethikrats hatten in der Stellungnahme eine Impfpflicht befürwortet, doch sieben von ihnen plädierten für eine Impfpflicht nur für besonders gefährdete Gruppen, etwa die über 60-Jährigen.

"Dass nur rund die Hälfte der Ratsmitglieder für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren votiert, ist angesichts der medial-öffentlichen Debatte bemerkenswert", sagte  Kubicki. Er könne die Argumente für eine Impfpflicht "nachvollziehen" - "Ich teile sie aber nicht". Der "Rheinischen Post" zufolge haben sich bereits 31 FDP-Abgeordnete seinem Antrag angeschlossen.

Lindner, der bereits angekündigt hatte, persönlich voraussichtlich für eine allgemeine Corona-Impfpflicht zu stimmen, betonte in der NOZ, er habe "Respekt" vor den Argumenten der Impfpflicht-Gegner. Deshalb bekräftigte der Finanzminister, dass der Bundestag Anfang kommenden Jahres ohne Fraktionszwang über die Frage einer allgemeinen Impfpflicht abstimmen soll.

fml