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Ostsee-Pipeline als Druckmittel

Die Ukraine und Polen drängen Scholz zum Verzicht auf die Ostsee-Pipeline.

Im Konflikt mit Russland hat die Ukraine Deutschland aufgerufen, mit Hilfe der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 Druck auf Moskau zu machen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse das "wichtige Instrument" der Pipeline in Gesprächen mit Russland nutzen, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch beim EU-Gipfel mit fünf ehemaligen Sowjetrepubliken. Das EU-Mitgliedsland Polen drängte Scholz ebenfalls, die Pipeline als Druckmittel zu nutzen.

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki nannte die Ostsee-Pipeline bei dem Gipfel der sogenannten östlichen Partnerschaft erneut einen "Fehler" und ein Werkzeug der "Erpressung" in der Hand des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Morawiecki hatte Scholz bereits bei seinem Antrittsbesuch in Warschau am Sonntag aufgerufen, die kürzlich fertiggestellte Gasleitung von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern nicht in Betrieb zu nehmen. Sie ist Polen und der Ukraine seit Jahren ein Dorn im Auge, da sie Erdgas unter Umgehung beider Länder liefern soll.

Zuvor hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen Verzicht auf die Inbetriebnahme der Gasleitung ins Gespräch gebracht. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es danach allerdings, es gebe derzeit "keinen Entscheidungsbedarf". Die Bundesnetzagentur hatte das Zulassungsverfahren Mitte November gestoppt und den Betreiber Gazprom zu rechtlichen Nachbesserungen aufgefordert.

Neben Scholz nahm auch der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer erstmals an dem EU-Gipfel mit der Ukraine, Georgien, der Republik Moldau sowie Armenien und Aserbaidschan teil. Nehammer plädierte ungeachtet der russischen Drohgebärden für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2. Die Pipeline sei "ein geostrategisches Projekt für die ganze EU", betonte Nehammer.

Selenskyj drängte die EU zudem zu vorbeugenden Sanktionen gegen Russland. Sein Land wolle "schlagkräftige Sanktionen vor einer möglichen Eskalation", sagte er. Die EU lehnt dies aber ab, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deutlich machte. Sie verwies auf die bereits nach der Annexion der Krim 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland. "Unsere Botschaft ist sehr klar: Sollte Russland erneut aggressiv gegen die Ukraine vorgehen, werden die Kosten hoch und die Konsequenzen ernst sein."

Vor dem Gipfel hatte Scholz mit dem ukrainischen Präsidenten und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu dritt beraten. Nach Angaben von Macrons Büro wollen Deutschland und Frankreich ihre Vermittlungsbemühungen in dem Konflikt wieder verstärken.

Der östlichen Partnerschaft gehört eigentlich auch Belarus an, der Stuhl für den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko blieb aber symbolisch leer - er boykottierte das Spitzentreffen im Streit um Sanktionen der EU. Von der Leyen äußerte die Hoffnung, dass sein Platz "bald von einem legitimen, demokratisch gewählten belarussischen Anführer" eingenommen wird.

Die EU hatte die östliche Partnerschaft 2009 ins Leben gerufen, um wirtschaftliche und demokratische Reformen zu fördern. Bei dem Gipfel sagten die Europäer laut der Abschlusserklärung weitere Hilfen von 2,3 Milliarden Euro zu, um Investitionen in Straßen, schnelle Internetverbindungen oder Corona-Impfprogramme anzukurbeln. Ein Beitritt der Ost-Länder steht derzeit nicht zur Debatte. 

Vor dem Gipfel der sogenannten östlichen Partnerschaft hatte die EU bereits Hilfen von 60 Millionen Euro für die Republik Moldau freigegeben. Die Europäer werfen Russland vor, Erdgas als "Waffe" gegen Moldau einzusetzen, um eine Annäherung an den Westen zu verhindern.

Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan versprach die EU zudem weitere Hilfe zum Minenräumen und zur Vertrauensbildung. Im Streit um die Region Berg-Karabach hatten sich beide Länder im Herbst 2020 heftige Kämpfe geliefert, mehr als 6500 Menschen wurden getötet.

lob/kol/noe