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EU fördert Kohleausstieg mit 100 Milliarden Euro

Kommissionschefin von der Leyen will Europa über ihre "Green Deal"-Initiative bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen


Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen hat Europa ehrgeizige Ziele zur Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel gesetzt. Sie stellte am Dienstag eine Initiative vor, die bis 2030 öffentliche und private Investitionen von einer Billion Euro in klimafreundliche Projekte ermöglichen soll. 100 Milliarden Euro sollen dabei bis 2027 zur Unterstützung des Kohleausstiegs mobilisiert werden. Doch unter anderem Deutschland bremst und will dafür bisher nicht mehr in den EU-Haushalt einzahlen.

Kommissionschefin von der Leyen will Europa über ihre "Green Deal"-Initiative bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen. "Wir müssen jetzt handeln", sagte sie im EU-Parlament in Straßburg. Es gehe darum, "ob wir unseren Kindern nicht nur einen lebenswerten, sondern auch einen lebensfähigen Planeten übergeben." Europa müsse vorangehen, damit der Rest der Welt folge.

Die Kommission wisse, dass der Weg zur Klimaneutralität für einige Regionen "steiler" sei, sagte Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans. Ziel des Übergangsfonds für Gebiete mit Kohleförderung sei es deshalb, "niemanden zurückzulassen". 

Die Kommission zählt dabei 108 europäische Gebiete mit 237.000 Beschäftigten. Unterstützt werden unter anderem die Umschulung von Arbeitnehmern oder Investitionen in die Ansiedlung neuer Firmen.

Auch deutsche Gebiete wie die sächsische Lausitz oder das rheinischen Braunkohlerevier könnten gefördert werden. Allerdings ist der nationale Eigenanteil hier höher als bei ärmeren EU-Ländern. 

Im EU-Budget werden für den Übergangsfonds 7,5 Milliarden Euro an frischem Geld benötigt. Um auf die 100 Milliarden Euro zu kommen, sollen weitere Mittel aus den Mitteln für die EU-Regionalfonds und dem Sozialfonds abgezogen werden und durch Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) ergänzt werden.

In den ersten Jahren erwartet die EU-Kommission jedoch nur geringe Auszahlungen über den Übergangsfonds: Für 2021 und 2022 geht sie davon aus, dass von den 7,5 Milliarden Euro nur 43 beziehungsweise 48 Millionen Euro abfließen werden. Dies liegt offenbar daran, dass jedes einzelne Projekt beantragt, geprüft und genehmigt werden muss.

Die Förderung des Baus oder der Stilllegung von Atomkraftwerken schließt Brüssel aus. "Auf europäischer Ebene gibt es keine Förderung für Nuklearenergie", sagte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten jedoch im Dezember auf Druck osteuropäischer Länder und Frankreichs die Atomkraft als mögliche Energiequelle auf dem Weg zur Klimaneutralität bezeichnet.

Auch finanziell stehen die Kommissionspläne noch unter Vorbehalt. Ihre Zukunft hängt von den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen für die Zeit von 2021 bis 2027 ab. Nettozahler-Länder wie Deutschland und Österreich verlangen, dass das Budget wie bisher bei 1,0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung bleibt. Die Kommission fordert auch wegen ihrer Klimapläne mindestens 1,11 Prozent. 

Das Bundesregierung bekräftigte, dass sie es nicht für nötig hält, dass Deutschland für die Klimaschutzpläne seinen Anteil an der Finanzierung des EU-Haushalts aufstockt. Dies bekräftigt sie in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Franziska Brantner hervor. Auch eine Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank  sei nicht erforderlich, weil die Klimaziele "mit den vorhandenen Ressourcen der EIB erreichbar" seien. 

Für den grünen Finanzexperten Sven Giegold steht von der Leyens Green-Deal-Finanzierungsplan deshalb vorerst "auf wackligen Beinen". Die Kommission rechne "mit Milliardenbeträgen, die ihr derzeit gar nicht zur Verfügung stehen", erklärte er.

Von der Leyen appellierte an Deutschland und die anderen EU-Staaten, die nötigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Nichthandelns seien "so viel höher und die Folgen so viel schwerer, dass man diese kluge Investition in unsere Zukunft leisten sollte", sagte sie.

mt/ju

Martin Trauth und Peter Eßer / © Agence France-Presse