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Ruhani fordert Bestrafung aller Verantwortlichen

Der Iran hatte erst nach tagelangen Dementis und massivem internationalen Druck den versehentlichen Abschuss der Passagiermaschine zugegeben, bei dem am vergangenen Mittwoch alle 176 Insassen umgekommen waren


Rund eine Woche nach dem Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs in der Nähe von Teheran hat die iranische Justiz erste Festnahmen vermeldet. Der iranische Präsident Hassan Ruhani forderte am Dienstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede die Bestrafung aller Verantwortlichen. Die Führung des Landes war unter zunehmenden internationalen Druck geraten, um eine vollständige und transparente Untersuchung des Absturzes zu gewährleisten. Auch im Inland sorgte der Umgang Teherans mit dem Flugzeug-Abschuss weiter für Proteste. 

Der Iran hatte erst nach tagelangen Dementis und massivem internationalen Druck den versehentlichen Abschuss der Passagiermaschine zugegeben, bei dem am vergangenen Mittwoch alle 176 Insassen umgekommen waren. Justizsprecher Gholamhossein Esmaili sagte vor Journalisten in Teheran, es habe bereits "umfassende" Ermittlungen zu dem Flugzeugabschuss sowie "einige" Festnahmen gegeben. Wie viele Menschen festgesetzt wurden, sagte er nicht.

Ruhani sagte am Dienstag, für die Bevölkerung sei es wichtig, "dass jeder, der in irgendeiner Art falsch oder fahrlässig gehandelt hat", zur Verantwortung gezogen werde. Er forderte die Einrichtung eines Sondergerichts "mit einem ranghohen Richter und dutzenden Experten", vor das die Verantwortlichen des Boeing-Abschusses gestellt werden sollten. "Die ganze Welt wird zusehen", fügte der Präsident hinzu.

"Die Wurzel aller Sorgen" gehe aber auf die USA zurück, betonte Ruhani erneut. Er bezog sich damit auf die Tötung des iranischen Top-Generals Kassem Soleimani, der bei einem US-Drohnenangriff im Irak Anfang Januar ums Leben gekommen war. Der Iran hatte mit Raketenangriffen auf US-Stützpunkte im Irak geantwortet und kurz darauf nach eigenen Angaben versehentlich das ukrainische Flugzeug abgeschossen, offenbar weil US-Gegenangriffe befürchtet wurden. 

In Teheran waren derweil in der Nacht zu Dienstag offenbar das dritte Mal in Folge Demonstranten auf die Straße gegangen, um Kritik an der iranischen Führung und ihrem Umgang mit dem Flugzeugabschuss kundzutun. Auf in Online-Netzwerken kursierenden Videos waren Demonstranten zu sehen, die Slogans gegen die Regierung und auch die geistliche Führung riefen. Am Sonntag gab es nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Fars Rufe nach dem "Tod des Diktators".

Die Passagiermaschine von Ukraine International Airlines war kurz nach dem Start in Teheran abgestürzt. In der Maschine saßen vor allem Iraner und iranisch-stämmige Kanadier. Mehrere ausländische Regierungen beharren trotz des Bekenntnisses des Irans weiterhin auf einer transparenten Untersuchung des Unglücks. "Wir wissen, was passiert ist. Was wir nicht wissen, ist, warum es passiert ist", sagte am Montag die Chefin der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde TSB, Kathy Fox. 

Am Donnerstag soll in London ein erstes Koordinationstreffen der Staaten stattfinden, deren Staatsbürger bei dem Absturz ums Leben gekommen waren. Teilnehmen werden die Außenminister von Afghanistan, Großbritannien, Kanada, Schweden und der Ukraine, wie der kanadische Chefdiplomat François-Philippe Champagne mitteilte. Durch das Treffen solle der Druck auf den Iran aufrecht erhalten werden, damit das Land den ausländischen Ermittlern vollen Zugang zum Beweismaterial gewähre und die Untersuchung transparent führe, schrieb Champagne im Kurzbotschaftendienst Twitter.

mkü/cp

© Agence France-Presse