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EU-Verordnungen stellen hohe Anforderungen

Solange medizinische Produkte und diagnostische Verfahren wie etwa der Corona-Schnelltest ihre Versprechen halten, ist alles gut.

Doch Herstellungsfehler können fatale Auswirkungen auf die Gesundheit und das Vertrauen der Patienten haben: So geschehen beim Brustimplantate-Skandal oder beim Geschäft mit schadhaften Metall-auf-Metall-Endoprothesen. Inzwischen stellt die EU höchste Anforderungen an die Fabrikanten in puncto Sicherheit. Doch „Unternehmen, insbesondere Startups, sind ohne eingehende Beschäftigung mit der Thematik verloren und in ihrer Existenz bedroht“, betonte Dr. Holger Winter, wissenschaftlicher Leiter der CeNTech GmbH, die Dringlichkeit zur Information über die europäischen Medizinprodukte-Verordnungen. Dazu sprach Christina Lozancic vom TÜV Süd aus Köln im Zentrum für Nanotechnologie Münster. Die Veranstaltung fand im Rahmen des von der EU geförderten Projekts MATMED statt. Es dient der Stärkung von Innovationen im Medizinsektor.


Zum Hintergrund: Die seit 26. Mai 2021 geltende europäische Verordnung über Medizinprodukte (MDR) will mittels strengerer Vorgaben den Sicherheitsstandard von Medizinprodukten bestmöglich steigern, indem fehlerhafte oder risikobehaftete Materialien vom Markt ausgeschlossen werden. Zusätzlich werden ab dem 26. Mai kommenden Jahres auch in Sachen Entwicklung, Herstellung und Inverkehrgabe von In-vitro-Diagnostika neue Maßstäbe gesetzt (IVDR). „Diese Verordnungen machen es erforderlich, dass Medizinprodukte und Diagnostik-Verfahren für die Marktzulassung nochmals höhere Hürden als bisher nehmen müssen“, betonte die Referentin Christina Lozancic. Zudem müssten Hersteller ihre Produkte und Verfahren, die bereits auf dem Markt sind, erneut einem aufwändigen Prüfprozess unterziehen, um die Zulassung zu behalten. Was muss mein Produkt können und wie bewerte ich dessen Risiko? Welche grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen bestehen, welche inhaltlichen Anforderungen an die technische Dokumentation werden gestellt und welcher Zeitrahmen ist einzuplanen? „Beschäftigen Sie sich angesichts dieser Fragen noch vor der Entwicklung Ihrer Produkte mit den Regularien. Sonst kann es sein, dass Sie sich mitten in einem Prozess befinden und wieder zurückrudern müssen, falls Sie bestimmte Vorgaben übersehen haben.“ Wenn der Prototyp fertig ist, kann es schon zu spät sein.


Brisant ist laut Holger Winter, dass in Europa bislang nur eine Handvoll „Benannter Stellen“ zur Verfügung stehen, die wie TÜV oder Dekra für die Zertifizierung neuer und die Rezertifizierung von bereits auf dem Markt befindlichen Produkten zuständig sind. So kann es vorkommen, dass kleine und mittlere Unternehmen gegenüber großen Playern mit einer Vielzahl von zu zertifizierenden Produkten schon einmal das Nachsehen haben und sich anstellen müssen. Ein klarer Wettbewerbsnachteil.“ Hinzu kommt: Die europaweit „Benannten Stellen“ müssen selbst erst Zertifizierungsprozesse durchlaufen, ehe sie die verschärften Anforderungen der neuen Medizinprodukteverordnung erfüllen. „Das ist für Hersteller auf der Suche nach Anlaufstellen nicht gerade beruhigend“, sagt Winter, der das Seminarangebot zu den regulatorischen Grundlagen der Verordnungen als „grundlegende vorbeugende Maßnahme“ bezeichnete.


Bildunterzeile:


Christina Lozancic (l.) vom TÜV Süd aus Köln klärte zu den Verordnungen für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika auf, die hohe Anforderungen an Hersteller stellen. Dr. Holger Winter vom CeNTech hatte die Veranstaltung organisiert. 

©CeNTech