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Waffenruhe in Libyen

Die Einheitsregierung akzeptierte die Waffenruhe, erklärte aber zugleich, ihre Truppen hätten das "Recht", auf "jeden Angriff" zu antworten, "der aus dem gegnerischen Lager kommen könnte"


Nach intensiver internationaler Krisen-Diplomatie ist in Libyen in der Nacht zum Sonntag eine Waffenruhe in Kraft getreten. Sowohl die Einheitsregierung in Tripolis unter Fajes al-Sarradsch als auch die Truppen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar erklärten sich bereit, die von der Türkei und Russland vorgeschlagene Waffenruhe einzuhalten. Bei einem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Moskau erklärte der russische Präsident Wladimir Putin seine Unterstützung für eine von der Bundesregierung geplante Konferenz zum Libyen-Konflikt, die unter Ägide der UNO in wenigen Wochen in Berlin stattfinden soll.

Die Waffenruhe trat um Mitternacht in Kraft. Kurz danach war in der Nähe der Hauptstadt Tripolis Artillerie-Feuer zu hören, bevor dann Ruhe eintrat. Die Einheitsregierung akzeptierte die Waffenruhe, erklärte aber zugleich, ihre Truppen hätten das "Recht", auf "jeden Angriff" zu antworten, "der aus dem gegnerischen Lager kommen könnte". Haftars Truppen willigten ebenfalls in die Waffenruhe ein und warnten vor einer "harten Reaktion", falls die Regierungstruppen diese verletzen sollten.

Die Türkei und Russland hatten am Mittwoch zu einer Feuerpause in dem nordafrikanischen Krisenstaat aufgerufen. Haftar führt seit April eine Offensive auf Tripolis, wo die international anerkannte Einheitsregierung ihren Sitz hat. Diese ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Haftar kontrolliert den Osten und Süden des Landes. Er wird in dem Konflikt offenbar von Russland unterstützt, was die Regierung in Moskau aber bestreitet. Die Türkei unterstützt die Regierung in Tripolis und hat nach eigenen Angaben mit der Entsendung von Truppen nach Libyen begonnen.

Die Bundesregierung plant in den kommenden Wochen in Berlin eine internationale Konferenz zu Libyen, bei der insbesondere die ausländische Unterstützung für die Kampfhandlungen der libyschen Konfliktparteien eingedämmt werden soll. Die internationalen diplomatischen Bemühungen um eine Eindämmung des Konflikts in Libyen werden unter anderem von der Sorge getragen, dass der nordafrikanische Staat sich zu einem "zweiten Syrien" entwickeln und eine neue große Flüchtlingsbewegung beginnen könnte.

Die geplante Libyen-Konferenz in Berlin sei ein "sehr guter Schritt in die richtige Richtung", sagte Putin am Samstag nach Gesprächen mit Merkel in Moskau. An den Vorgesprächen solle auch der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, beteiligt werden. Die "weiträumigen militärischen Konflikte" könnten sich zu einer "Katastrophe" nicht nur für die Nahost-Region, sondern "für die ganze Welt" entwickeln. Merkel sagte, die Bundesregierung wolle sehr bald zu der Konferenz einladen. 

Seit Beginn der Offensive von Haftars Truppen auf Tripolis im April wurden nach Angaben der UNO mindestens 280 Zivilisten und 2000 Kämpfer getötet. In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Unterschiedliche Gruppen und Milizen kämpfen in dem ölreichen Land um die Vorherrschaft, darunter auch Dschihadisten.

ao/gt

Imed LAMLOUM / © Agence France-Presse