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Großdemonstrationen in Glasgow

Großdemonstrationen leiten die zweite Woche der Weltklimakonferenz ein.

In Glasgow haben am Wochenende zehntausende Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert und die Teilnehmer der dort stattfindenden Weltklimakonferenz COP26 vor der zweiten Sitzungswoche unter Druck gesetzt. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson lobte die bisherigen Ergebnisse des Treffens, viele Klimaaktivisten blieben jedoch skeptisch. Bis zu einer zufriedenstellenden gemeinsamen Abschlusserklärung aller Staaten Ende der Woche bleibe aber noch viel Arbeit, räumte auch Johnson ein.

Bereits am Freitag waren tausende junge Demonstranten in Glasgow auf die Straße gegangen. Sie warfen den versammelten Politikern Untätigkeit angesichts der Klimakrise vor. Die COP26 sei ein "Misserfolg" und nur "bla, bla, bla", befand die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. Am Samstag waren es dann Zehntausende. Auch in London, Paris und vielen weiteren Städten weltweit versammelten sich zahlreiche Menschen zum Protest.

Bei der Weltklimakonferenz verhandeln Vertreter von 197 Nationen noch bis zum 12. November über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Das Abkommen sieht die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, idealerweise 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Experten und die UNO warnen, dass die Erde derzeit auf eine Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zusteuert.

Die erste Woche des Treffens unter britischer Schirmherrschaft habe "ehrgeizige" Zusagen einer ganzen Reihe von Ländern in Sachen Klimaschutz gebracht, erkärte Premier Johnson. Eine Reihe von Ländern verschärften ihre nationalen Klimaschutzziele. Mehr als hundert Staaten verabschiedeten eine Erklärung zum Stopp der Entwaldung bis 2030.

Rund hundert Länder haben außerdem zugesagt, den Ausstoß des bedeutenden Treibhausgases Methan bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Klimaschützer beklagen hier insbesondere, dass sich große Methan-Emittenten wie China, Indien, Russland und Australien der Erklärung nicht angeschlossen haben. 

Die Frage der Klimahilfen für ärmere Länder hatte im Vorfeld der COP26 bereits für Unmut gesorgt. Die Industriestaaten hatten eingestanden, ihr 2009 geleistetes Versprechen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an Unterstützung zu leisten, erst später zu erreichen. Die ärmeren Länder fordern eindringlich mehr Geld und verweisen darauf, dass die Industriestaaten für die überwältigende Mehrheit der Treibhausgasemissionen der vergangenen Jahrzehnte verantwortlich sind.

Dieser Streit wird wohl in der zweiten COP26-Woche noch von Bedeutung sein. Am Ende soll eine gemeinsame Erklärung aller Länder stehen, die unter anderem offene Fragen des Pariser Abkommens klärt. Umstritten sind neben Finanzierungsfragen etwa Verfahren und Standards zur Überwachung von Klimazusagen der Länder.

"Alle müssen zustimmen, sonst gibt es keine Einigung", betonte Johnson. Jedoch hätten die Fortschritte der ersten Woche "uns in eine starke Position gebracht". Nun müssten die Ländern "an den Verhandlungstisch zurückkehren und bereit sein, die erforderlichen mutigen Kompromisse und ehrgeizigen Verpflichtungen einzugehen", forderte der Premier.

Beobachtern zufolge klafft jedoch eine Lücke zwischen bisherigen Ankündigungen und der Realität. So hätten die Schwergewichte beim Treibhausgasausstoß Australien und Saudi-Arabien zwar das Ziel der Klimaneutralität ausgerufen, "aber keinerlei Plan zur Umsetzung vorgelegt", sagte Simon Lewis vom Londoner University College. Dabei gingen die derzeitigen Emissionen der beiden Ländern "massiv in die falsche Richtung".

"Warme Worte sind nicht genug", sagte die schottische Aktivistin Mikaela Loach. Nötig seien "sofortige und ernsthafte Taten". In der zweiten Verhandlungswoche müssten ehrgeizigere Ziele vereinbart werden. In der zweiten Woche der COP26 hätten die Teilnehmer "noch alle Möglichkeiten, daraus einen diplomatischen Erfolg zu machen", sagte auch die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Zuversichtlich sei sie jedoch nicht.

pe/cp