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Tatort heute

Bis Mitternacht – und keine Sekunde länger.

Der Titel dieses Polizeirufs 110 aus München sagt eigentlich schon alles: „Bis Mitternacht“ – und keine Sekunde länger. Bis Mitternacht muss es den Kriminalbeamten um Oberkommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) gelingen, einen psychisch kranken Sexualstraftäter und Frauenmörder zu überführen, der schon ein Opfer auf dem Gewissen hat und eine andere junge Frau körperlich schwer verwundet und psychisch traumatisiert zurückgelassen hat. Aber wenn bis Mitternacht kein Geständnis vorliegt und auch kein dringender Tatverdacht nachgewiesen kann, muss Eyckhoff den Mann freilassen – so will es das Gesetz aus guten Gründen.

Der Tatverdächtige Jonas Borutta (Thomas Schubert) beim Entfernen eines ihm sehr ähnlich aussehenden Steckbriefs. © BR/Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen/Hendrik Heiden

Dieser von Regisseur Dominik Graf als intensives, dichtes Kammerspiel inszenierte Kriminalfilm des Bayerischen Rundfunks hat ein reales Vorbild: In seinem Buch „Abgründe. Wenn aus Menschen Mörder werden“ beschreibt Josef Wilfing, langjähriger Leiter der Münchner Mordkommission, einige seiner interessantesten Fälle. Darin berichtet er auch von dem enormen Zeitdruck, unter dem die Ermittler stehen, wenn sie einen Tatverdächtigen vorläufig festgenommen haben. Nur bis zum Ablauf des darauffolgenden Tages haben sie Zeit, um genügend Beweismaterial zu sammeln, sodass es zum Erlass eines Haftbefehls reicht. Gelingt ihnen das nicht, müssen sie die Person wieder auf freien Fuß setzen – egal, für wie gefährlich die Polizisten sie halten. Aus einer von Wilfings Fallbeschreibungen mit dem für sich stehenden Titel „Wollust“ hat Drehbuchautor Tobias Kniebe eine Geschichte gemacht, die den Zuschauern deutlich die Grenzen der scheinbaren Machtfülle der Polizeibeamten aufzeigt – ein besonderer Film also, dieser BR-Polizeiruf 110 und mittlerweile vierte Fall für Verena Altenberger als Kriminaloberkommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff. Gleichzeitig ist dies für die frisch beförderte Kripo-Beamtin ihr erster Einsatz bei der Mordkommission.

Der TV-Krimi, der bereits am 2. Juli 2021 auf dem 38. FILMFEST MÜNCHEN seine Premiere feierte, ist im Fernsehen erstmals am Sonntag, den 5. September 2021 um 20:15 Uhr im Ersten Programm der ARD zu sehen.

Inhalt der Polizeiruf 110-Folge „Bis Mitternacht“

Ein lauer Sommerabend in München, der „nördlichsten Stadt Italiens“. Junge Menschen ziehen durch die Straßen, um die Häuser, viele Pärchen darunter, sie umarmen sich, schauen sich verliebt an, küssen sich, tanzen, feiern – und aus dem Off kommentiert eine Stimme die Szenerie, sagt, die Menschen sähen alle so glücklich aus, vor allem die Frauen, und beklagt sich, dass sie selbst dieses Glück nicht empfinde, dass sie nicht dazugehöre zu dieser Gemeinschaft der Glückseligen, dass sie von ihnen nicht gehört, nicht gesehen werde, obwohl sie doch auch einen Anspruch habe auf ebenjenes Glück, auf das Geliebt-Werden, auf Sex … Es ist die Stimme von Verena Altenberger alias Kriminaloberkommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff, die man hier im Hintergrund hört, aber wer meint, es gehe in den nächsten 90 Minuten um die seelischen und emotionalen Befindlichkeiten einer einsamen Kriminalbeamtin, der täuscht sich. Denn Eyckhoff spricht nicht über sich selbst, sondern über den Mann, der ihr im Vernehmungsraum gegenübersitzt: Jonas Borutta (Thomas Schubert), ein mutmaßlicher Serientäter, Physikstudent, hochintelligent, allerdings mit enormen psychischen Problemen und wohl auch deshalb komplett beziehungsunfähig. Der Studentin Susanne Michl hat er vor ihrem Zimmer im Wohnheim aufgelauert, sie mit Pfefferspray außer Gefecht gesetzt und ihr mehrere Messerstiche zugefügt. Nur mit Glück überlebt sie. Zeugen für die Tat gibt es jedoch keine, und weil der Täter einen Kapuzenpulli trägt, ist auch das Phantombild nicht sehr aussagekräftig. Auch sonst können die Ermittler keine Beweise vorlegen, auch keine handfesten, verwertbaren Indizien. Allein das vom Täter verwendete Pfefferspray erinnert Hansi, einen der ermittelnden Beamten, an einen alten Fall von vor drei Jahren, den „Isarauenmörder“. Am Ufer des Flusses, der sich durch München schlängelt, wurde damals eine junge Frau ermordet aufgefunden, und die Spur führte die Polizisten – zu wem wohl? Genau: zu dem psychisch gestörten Studenten Jonas B. Allerdings konnten sie ihm nichts nachweisen und mussten ihn wieder freilassen.

Wiederholt sich diese Geschichte nun?

Als die Handlung des Polizeirufs 110 „Bis Mitternacht“ einsetzt, ist es 22:00 Uhr. Erst seit drei Stunden redet Borutta überhaupt mit den Kommissaren, und ihnen bleiben nur noch 120 Minuten – eben „bis Mitternacht“ – um ihn zu einem Geständnis zu bringen. Denn dummerweise haben die Polizisten im Festnahmeprotokoll 23:55 Uhr als Zeitpunkt der Verhaftung angegeben, sodass dem Team der Münchner Kripo praktisch nur ein Tag bleibt, um einen Ermittlungserfolg vorweisen zu können. Sonst müssen sie Borutta wieder laufen lassen. Entsprechend blank liegen die Nerven bei allen Beteiligten. Und auch beim Zuschauer steigt der Nervenkitzel, wenn wieder mal die leuchtend rote Anzeige einer Digitaluhr eingeblendet wird, die sekundengenau die unerbittlich voranschreitende Zeit dokumentiert.

Aber die ehrgeizige Bessie, gerade erst zur Kriminaloberkommissarin befördert und neu in der Mordkommission, lässt sich von dem Zeitdruck nicht aus der Ruhe bringen. Stattdessen verfolgt sie ihre ganz eigene Strategie. Sie versetzt sich in die Gedanken- und Gefühlswelt ihres Gegenübers hinein, signalisiert ihm, dass sie seine Situation versteht, versucht ihn so „einzukreisen“ und zu einem Geständnis zu bewegen. Nur leider kennt Borutta die Rechtslage mindestens genauso gut und denkt gar nicht daran, irgendetwas preiszugeben, das ihn belasten könnte. Stattdessen beklagt er sich über seine Lebenssituation im Allgemeinen und darüber, dass er schon bei unzähligen Psychologen gewesen sei, aber ihm bisher keiner habe helfen können. So wirkt Boruttas Verhör im TV-Krimi „Bis Mitternacht“ denn auch eher wie eine Therapiesitzung, wozu gut passt, dass Bessie den Verdächtigen duzt.

Irgendwann reißt dem enorm unter Druck stehenden Dienststellenleiter Martin Schaub der Geduldsfaden. Er glaubt nicht mehr daran, dass die zwar talentierte, aber noch junge und unerfahrene Eyckhoff dem Psychopathen Borutta ein Geständnis entlocken kann. Stattdessen lässt der Kripo-Chef kurzerhand seinen Vorgänger einfliegen, der sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt hat und in einem Hotel im Voralpenland nächtigt, in dem seine Tochter arbeitet. Josef Murnauer (Michael Roll) soll das Verhör fortsetzen. Er hatte vor drei Jahren den Fall des Isarauenmörders bearbeitet und Borutta befragt. Aber auch damals gab es keine Beweise, keinen dringenden Tatverdacht, kein Geständnis – nichts. So musste Murnauer Borutta laufen lassen, obwohl er sich sicher war, es mit dem Mörder zu tun zu haben. Fest steht aber: Keiner kennt Borutta so gut wie Murnauer. Wenn einer ihn knacken kann, dann er – denkt Schaub. Nun soll Murnauer also eine zweite Chance bekommen.
Dass die hochmotivierte Bessie davon nicht begeistert ist, versteht sich von selbst. „Der holt lieber einen alten Deppen zurück, anstatt dass er einmal einer jungen Frau glauben wird, die’s ja vielleicht auch drauf hat“, empört sie sich bei der Staatsanwältin, die ihr die schlechte Nachricht überbringen muss. Die meint, sie solle sich mal nicht so anstellen, Sexismus habe es zu ihrer Zeit auch schon gegeben, und der sei damals noch weit schlimmer gewesen, aber ihr Ego habe es schließlich verkraftet. Nun ja. Der „alte Depp“ Murnauer hat jedenfalls durchaus Verständnis für die Gefühlslage der jungen Kollegin und versucht in einem vertraulichen Gespräch das Eis zwischen beiden zu brechen, was ihm sogar einigermaßen gelingt. Auch er hat eine spezielle Verhörmethode und geht auf merkwürdige Weise vertrauensvoll mit dem unkalkulierbaren Borutta um, indem er ihn von den Handschellen befreit und für die Befragung eine beinahe intime Atmosphäre in einem ganz normalen Büro der Mordkommission schafft.

Derweil entdecken Bessies Kollegen Wolfi und Hansi einen Fleck auf der Jacke Boruttas, der verdächtig nach Blut aussieht. Ob dies eine heiße Spur ist? Oder gelingt es den beiden Verhörspezialisten, der Halb-Psychologin Eyckhoff und dem alten Hasen Murnauer, in letzter Minute doch noch, dem gewieften Borutta ein Geständnis zu entlocken? Auch er hat schließlich einen wunden Punkt, der eigentlich schon die ganze Zeit offen liegt. Aber werden Eyckhoff und Murnauer ihn rechtzeitig finden – und zu nutzen wissen? Am Sonntag, den 05.09.2021 um 20:15 Uhr in Das Erste erfahren Sie es.

Der Polizeiruf 110 „Bis Mitternacht“ wurde vom 26. Januar bis zum 26. Februar 2021 in München gedreht.


Titelbild: Die Kriminaloberkommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) hat mit Jonas Borutta (Thomas Schubert) einen mutmaßlichen Serienmörder verhaftet, alles spricht für seine Schuld, doch die Beweise fehlen. Sie braucht ein Geständnis, um den gefährlichen Täter aus dem Verkehr zu ziehen, und zwar bis Mitternacht, sonst lassen die Richter ihn wieder frei. Der Beschuldigte ist hochintelligent, die Nerven im Team liegen blank.

© BR/Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen/Hendrik Heiden